Auf dieser Seite wird das O.K.-Modell ausführlich dargestellt und begründet. In den Text eingestreut sind Download-Links zu Unterrichtsbeispielen, die die jeweiligen Aussagen veranschaulichen sollen.

Musiklernen fürs Leben
Tätigkeitsorientierte Musikpädagogik
Daumen

Inhalt

Vorwort: Wie es dazu kam...

1.

Einleitung: Kompetenz ist nicht alles...

2.

Konzeption: Was Musiklehrer*innen tun sollen...

2.1

Drei Beispiele

2.2

Prämissen

2.3

Musikalische Tätigkeiten

2.4

Musikalische Bildung

2.5

Organisation des Musikunterrichts

2.6

Aufgaben des Musikunterrichts

2.7

Inhalte des Musikunterrichts

2.8

Methoden des Musikunterrichts

2.9

Evaluation des Musikunterrichts

2.10

Unterrichtsplanung

3.

Vorgeschichte: Was davor geschah...

3.1

Drei Vordenker

3.2

Aufbauender Musikunterricht

3.3

Handlungs-, Erfahrungs-, Schülerorientierung

3.4

Kunstwerk, Mündigkeit, Wahrnehmung

3.5

Musische Erziehung

Nachwort: Worum es eigentlich geht...

Literatur

 

 

 

Vorwort: Wie es dazu kam...

Dies ist ein Buch für Musiklehrer*innen, die an allgemeinbildenden Schulen arbeiten oder sich im Studium oder im Referendariat darauf vorbereiten. Es gibt Antworten auf die Frage, welche Aufgaben das Schulfach Musik hat und wie man ihnen gerecht werden kann. Mit anderen Worten: Es handelt sich um eine musikdidaktische Konzeption.

Didaktische Konzeptionen verdanken ihr Entstehen in der Regel der Veränderung von Rahmenbedingungen, auf die die Schule reagieren muss. Im vorliegenden Fall waren es die bildungspolitische Diskussion um die Ergebnisse von PISA 2000 und die davon angestoßene Ganztagsschulkampagne, die zu einer Neuorientierung Anlass gaben. Im Mai 2004 veranstaltete der Deutsche Musikrat in Königstein/Taunus den Kongress „Musik in der Ganztagsschule“, bei dem die zukünftige Verortung musikalischer Bildung zwischen schulischen und außerschulischen Bildungsangeboten diskutiert wurde. Damals habe ich für den Landesverband Hamburg des Verbands Deutscher Schulmusiker (VDS) einen fünf Seiten umfassenden Versuch vorgelegt, die Aufgaben des Fachs Musik in einer Schule zu benennen, die neben Pflichtunterricht auch einen großen Wahlbereich anbietet. Er basierte auf Erfahrungen, die meine Kolleg*innen und ich an der Julius-Leber-Schule in Hamburg-Schnelsen schon seit den 1980er Jahren mit der Erweiterung des Musikunterrichts durch ein instrumentalpädagogisches Angebot gemacht hatten.

Im Rahmen meiner Tätigkeit an der Universität Hamburg hatte ich immer wieder Gelegenheit, meine zunächst sehr allgemeinen Formulierungen in Didaktikseminaren, auf Fachtagungen und in Lehrerzimmern zur Diskussion zu stellen. Auf diese Weise konnte ich die Konzeption im Laufe der vergangenen 20 Jahre immer weiter ausdifferenzieren und konkretisieren. Auch die Unterrichtsentwürfe und -materialien, die ich zur Veranschaulichung der theoretischen Aussagen benutze, sind immer wieder erprobt worden und haben zu Präzisierungen geführt.

Dabei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, dass ich auf eine Veröffentlichung in gedruckter Form verzichtet und mich für eine Präsentation im Internet entschieden habe. Das erhöht einerseits die Zugänglichkeit und den Gebrauchswert für die Nutzer*innen, andererseits eröffnet es mir die Möglichkeit, meine Formulierungen immer wieder „in Echtzeit“ dem aktuellen Diskussionsstand anzupassen. Wann die letzte Änderung stattgefunden hat, kann man der Fußzeile entnehmen. Auch weiterhin sind Kritik und Anregungen willkommen – am schnellsten über die Mailadresse hans.juenger@ok-modell-musik.de.

Hans Jünger
Hamburg, im Februar 2024

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1. Einleitung: Kompetenz ist nicht alles...
seneca

„Non scholae sed vitae“ – mit dieser Inschrift schmückte man früher gern die Eingangsportale von Gymnasien. Hinter diesen Türen – so die Botschaft – wird nicht für die Schule, sondern für das Leben gelernt. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Schulen sind vor allem dafür da, die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen auf ihr außer- und nachschulisches Leben vorzubereiten.

Doch so alt wie dieses Versprechen sind die Zweifel daran, dass es gehalten wird. Schon der antike Philosoph Seneca der Jüngere (+ 65 n. Chr.) beklagte in einem Brief an seinen Schüler Lucilius, dass in Rom „non vitae sed scholae“ gelernt wird. Und bis heute wird der Gebrauchswert dessen, was man in der Schule lernt, immer wieder kritisch hinterfragt.

Am wirkmächtigsten ist derzeit die Kritik, die sich aus den internationalen Schulleistungsstudien der OECD ableiten lässt. Das PISA-Projekt untersucht seit der Jahrtausendwende, „wie gut 15-Jährige für die Herausforderungen des Lebens vorbereitet sind“ (PISA 2001, S. 14). Der erste Berichtsband („Lernen für das Leben“ 2001) bescheinigte dem deutschen Bildungssystem unerwartet schwache Ergebnisse. Dieser „PISA-Schock“ löste eine Welle von Reformbemühungen aus.

Am folgenreichsten für das Schulfach Musik sind dabei zwei Veränderungen: die Ausweitung des Ganztagsschulbetriebs im Primar- und Sekundarbereich I (inzwischen in manchen Bundesländern fast flächendeckend – vgl. KMK 2023, S. 8, 1*) und die Einführung kompetenzorientierter Lehrpläne (vgl. KMK 2004, S. 16). Beides bietet Chancen, bereitet aber auch Probleme.

Einerseits ermöglicht der verlängerte Schultag der Ganztagsschule die Ausweitung des musikalischen Bildungsangebotes über den zweistündigen Pflichtunterricht hinaus. Die Einrichtung von Chören, Bands, Tanzkursen und Instrumentalunterricht wird auf diese Weise erleichtert. Andererseits bereitet der Nachmittagsunterricht den Musikschulen und Privatmusiklehrer*innen Schwierigkeiten bei der Terminsuche für individuellen Instrumentalunterricht. Hier muss das Verhältnis von schulischer und außerschulischer Bildung neu überdacht werden (vgl. Jünger 2015, S. 2f.).

Auch die Kompetenzorientierung hat zwei Seiten (vgl. Jünger 2017, S. 95ff.). Positiv ist die Orientierung am Gebrauchswert des Gelernten statt an einem Bildungskanon, zu befürworten ist auch eine Evaluation der Lernergebnisse anstelle kritiklosen Glaubens an die Effektivität des Unterrichts. Dem stehen zwei problematische Aspekte gegenüber.

Der erste ist die Fokussierung auf überprüfbare Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie führt zu einer Verengung des Bildungsbegriffs, durch die wesentliche Aspekte des Musiklernens ausgeblendet werden. Lernergebnisse wie Offenheit für ästhetische Erfahrung, Freude an der Vielfalt der Musik oder musikalische Selbstwirksamkeitserwartung lassen sich nicht abtesten wie Notenkenntnisse, sind aber unverzichtbare Aufgaben des Schulfachs Musik.

Das zweite Problem ist die Verpflichtung aller Schüler*innen auf den Erwerb derselben Kompetenzen. Während die Beherrschung von Schriftsprache und Grundrechenarten zweifellos allen Menschen nützt, gibt es keine musikalische Fähigkeit, die jeder Mensch braucht. Individualisierung des Musiklernens darf sich daher nicht auf das Anbieten verschiedener Bildungswege beschränken, sondern muss auch die Wahl unterschiedlicher Bildungsinhalte ermöglichen.

Die musikdidaktische Konzeption, die ich im Folgenden entwickeln werde, bietet eine Antwort auf die Probleme, die dem Fach Musik durch den PISA-Schock entstanden sind.

Didaktische Innovation entsteht nicht am Schreibtisch, sondern in der Schule. Die Aufgabe von Didaktiker*innen ist es, vor Ort gute Praxis zu identifizieren, daraus schlüssige Theorien zu entwickeln und diese als Handlungsempfehlung für die Praxis wieder zugänglich zu machen. Ich versuche dieser Aufgabe gerecht zu werden, indem ich Innovationen, die ich in vielen Schulen beobachtet und teilweise auch selbst als Musiklehrer in Hamburg erprobt habe, theoretisch fasse und in eine Neukonzeption des Schulfachs Musik einfließen lasse.

Selbstverständlich fußt mein Modell nicht nur auf empirischen Beobachtungen, sondern auch auf den verschiedenen theoretischen Ansätzen, die in der Vergangenheit diskutiert wurden. Um das deutlich zu machen (und mich nicht mit fremden Federn zu schmücken), zeige ich im Anschluss an die Erläuterung meiner Konzeption auf, an welchen Stellen ich an frühere Konzeptionen anknüpfe und wo ich mich von ihnen abgrenze.

Weil es mir wichtig ist, dass meine Theorie sich bis in die konkrete Unterrichtsplanung herunterbrechen lässt, habe ich in die systematische Darstellung und Begründung meiner Handlungsempfehlungen immer wieder Beispiele eingefügt. Sie sollen der Veranschaulichung und als Beleg für die Realisierbarkeit meiner Vorschläge dienen und stammen in der Regel aus meiner eigenen Unterrichtstätigkeit.

Um je nach Interesse der Leser*innen den gezielten Zugriff auf Haupttext, Anmerkungen und Unterrichtsbeispiele zu ermöglichen, unterscheide ich durch verschiedenartige typografische Gestaltung drei Textebenen:

Der Haupttext erläutert, wie tätigkeitsorientierte Musiklehrer*innen meiner Ansicht nach arbeiten sollten.

Die Anmerkungen ordnen die konzeptionellen Aussagen in die jeweils relevanten Diskurse ein und weisen durch Literaturangaben auf Theorien hin, auf denen meine Überlegungen fußen.

führen zu Unterrichtsentwürfen mit erprobten Unterrichtsmaterialien, die die praktische Umsetzung der Theorie veranschaulichen sollen.

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2. Die Konzeption: Was Musiklehrer*innen tun sollen...
Daumen

2.1 Drei Beispiele

Bevor ich mit einer systematischen Darstellung meiner Konzeption beginne, möchte ich an drei Beispielen aus meiner eigenen Unterrichtspraxis zeigen, worin ich die wichtigsten Besonderheiten meines Ansatzes sehe und worin er sich von den bisher vorliegenden didaktischen Theorien unterscheidet. Bei den ersten beiden handelt sich um Rituale für den Stundenbeginn, die ebenso einfach wie effektiv sind und deshalb zu meinen Lieblingsmethoden (übrigens auch zum Repertoire vieler Kolleg*innen) gehören. Das dritte Beispiel ist einem Unterrichtsthema gewidmet, das oft vergessen oder für unwichtig gehalten wird. Alle drei sind typisch für die Art von Musikunterricht, die ich favorisiere.

musikrätsel

Dieses Stunden­anfangs­ritual ist für den Pflicht­unter­richt aller Alters­stufen geeignet und geht so: Ich spiele meinen Schüler*innen drei kurze Musikbeispiele vor – möglichst verschieden­artige Musik aus allen Epochen, Weltgegenden und Kontexten vom gregorianischen Choral über brasilianischen Axé bis zum Werbesong. Die Aufgabe lautet: Zuhören ohne zu reden. Nach jedem Beispiel dürfen die Schüler*innen raten, was das sein könnte, woher es stammt oder von wann es ist. Die richtige Lösung lasse ich sie in eine Tabelle, einen Zeitstrahl und eine Weltkarte eintragen. Wenn ich bei ihnen Interesse wahrnehme, gebe ich ihnen hier oder da noch ein paar Informationen zu Entstehung und Funktion der Musik. Ich sage ihnen aber auch ganz eindeutig, dass es sich hier nicht um Lernstoff handelt, der irgendwann in einem Test abgefragt wird. Es geht nämlich nicht darum, möglichst viel Wissen über Musik anzuhäufen, sondern darum, möglichst viele verschiedene Arten von Musik einmal gehört zu haben.

Hier wird eine Besonderheit meiner Konzeption sichtbar, die für Vertreter*innen der Kompetenzorientierung befremdlich wirken muss. Es wird nämlich eine Unterrichtsepisode beschrieben, die nicht den Anspruch hat, zu überprüfbaren Lernergebnissen zu führen. Das Musikrätsel dient anderen Zielen: Es soll den Schüler*innen einen exemplarischen Überblick über die Vielfalt der Musik geben und ihnen auf diese Weise bei der Auswahl helfen – wie im pakistanischen Restaurant, wo man die angebotenen Gerichte nicht kennt (mit diesem Vergleich erkläre ich meinen Schüler*innen, worum es mir geht): Man muss alles probieren, ehe man weiß, was man mag. Tatsächlich geschieht es immer wieder, dass der eine oder die andere unerwarteterweise Geschmack an einem meiner Musikbeispiele findet. Doch auch wenn die Schüler*innen mit der angebotenen Musik nichts anfangen können, haben sie nach einem Schuljahr – wie oberflächlich auch immer – ca. 100 verschiedene Arten von Musik kennen gelernt und damit ihren musikalischen Horizont nicht unwesentlich erweitert.

Noch wichtiger ist ein anderer Effekt. Obwohl heutzutage über das Internet fast alles zugänglich ist, was die Menschheit an Musik hervorgebracht hat, haben Jugendliche (und nicht nur die) immer noch recht enge Hörgewohnheiten. Wenn das Musikrätsel als Ritual über längere Zeit durchgeführt wird, kann es die Toleranz der Schüler*innen gegenüber Fremdem und die Neugier auf unbekannte Musik fördern. Ich gehe deshalb bei der Auswahl der Beispiele strategisch vor: Ich beginne mit vertraut oder nicht allzu befremdlich klingenden Musikbeispielen (in der Regel aus dem Bereich der populären Musik). Erst wenn ich die Schüler*innen „auf meiner Seite“ habe, taste ich mich allmählich zu ungewohnten Klängen vor. Ich will meine Schüler*innen gar nicht erst auf die Idee kommen lassen, sie sollten zu einer „besseren“ Musik bekehrt werden. Indem ich ihnen Toleranz vorlebe und ihre Musikpräferenzen akzeptiere, trage ich dazu bei, dass sie Freude an der Vielfalt der Musik entwickeln – ein kaum operationalisierbares, aber dennoch wichtiges Ziel des Musikunterrichts.

solorunde

Mein zweites Beispiel ist ein Warmup für die Big­band­probe und geht folgender­maßen vor sich. Ich lasse die Schüler*­innen ein Jazz-Arrangement spielen, das sie gut beherrschen. Dabei wiederholen wir den Solo-Teil so oft, wie die Band Mitglieder hat. Jede Schüler*in kommt an die Reihe und versucht sich an einer Soloimprovisation. In Anfänger-Bands gebe ich zuvor eine Reihe von Tönen bekannt, mit denen man „nichts falsch machen kann“. Wer solche Hilfen nicht mehr braucht, muss sich nicht daranhalten; wer sich dagegen gar nicht traut, darf auch eine Pause spielen.

Anders als beim Musikrätsel geht es hier nicht nur um das unverbindliche Kennenlernen von musikalischen Möglichkeiten, sondern um das nachhaltige „Können-Lernen“. Die Schüler*innen sollen nicht nur die Erfahrung machen, wie es ist, zu improvisieren, sondern auch die Fähigkeiten und Einstellungen erwerben, die man braucht, um in der Big Band ein Solo zu spielen. Deswegen ist wenig gewonnen, wenn die Solorunde ein einmaliges Ereignis bleibt. Wer lernen will zu improvisieren, der muss es üben, und wenn die Solorunde dabei helfen soll, muss sie regelmäßig stattfinden.

Im Gegensatz zu Toleranz und Offenheit gegenüber unbekannter Musik ist die Fähigkeit, ein Jazz-Solo zu spielen, vergleichsweise leicht überprüfbar. Allerdings erübrigt sich hier in der Regel eine Leistungsbewertung, denn der Ort für regelmäßige Improvisationsübungen ist nicht der Pflichtunterricht, an dem alle teilnehmen müssen, sondern die Schul-Band, in der die Schüler*innen freiwillig mitspielen, denn nur für deren Mitglieder hat die Fähigkeit zu improvisieren einen Gebrauchswert.

Hier lässt sich eine weitere Besonderheit meines Ansatzes erkennen. Ich halte ein breites musikalisches Wahlangebot – Chor, Band, Orchester, Tanz-AG, Instrumentalunterricht usw. – für notwendig, wenn nachhaltiges Lernen unterstützt werden soll. Bisherige Konzeptionen weisen zwar auf die Vorteile selbstständigen Lernens hin, sprechen aber ansonsten ohne nähere Bestimmung von „dem“ Musikunterricht, womit sie – so muss man vermuten – lediglich den Pflicht- und Wahlpflichtunterricht meinen. Damit befinden sie sich in Übereinstimmung mit den staatlichen Richtlinien und Lehrplänen, in denen musikalische Arbeitsgemeinschaften zwar meist wohlwollend erwähnt, aber nicht mit Ressourcen ausgestattet werden (z. B. durch Berücksichtigung in den Stundentafeln – vgl. etwa Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2016a, 1.2, und 2016b). Ich halte sie dagegen für einen unverzichtbaren Bestandteil des schulischen Bildungsangebotes, ohne den das Schulfach Musik seine Aufgaben nicht erfüllen kann.

outfit and moves

Beim dritten Beispiel werden die Schüler*­innen ange­leitet, ihr Vor­wissen über die vier Musik­genres Hip-Hop, Metal, volks­tüm­liche Musik und Kunst­musik zusammen­zutragen. Es soll jedoch nicht um musikalische Eigenschaften oder Stilmerkmale gehen, sondern um das jeweils typische äußere Erscheinungsbild („Outfit“) und um charakteristische (Tanz-) Bewegungen („Moves“). Das ist für diejenigen, die sich mit diesen Musikrichtungen anfreunden wollen, von hohem Gebrauchswert. Es hilft aber auch, Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen.

Wie beim Musikrätsel lernen die Schüler*innen etwas Neues kennen, das ihren Horizont erweitert und bei der Auswahl ihrer musikalischen Vorlieben hilft. Doch hier geht es nicht darum, wie die Musik der einen oder anderen Art sich anhört, sondern um das, was über das Hörbare hinaus zu einer Musikrichtung noch dazu gehört – die Schüler*innen sollen die Tätigkeit des Hip-Hop-Fans, der Volksmusik-Liebhaber*in usw. auch mit ihren nicht-musikalischen Elementen kennen lernen.

Damit ist eine dritte Besonderheit meiner Konzeption angesprochen: Sie ist tätigkeitsorientiert. Das heißt, dass die zentrale Kategorie bei Planung und Analyse von musikbezogenen Lernprozessen die musikalische Tätigkeit ist. Wenn man aus dieser Perspektive auf Musik blickt, geraten wichtige Phänomene und Zusammenhänge in den Fokus, die frühere Theorien ausgeblendet haben. Denn es ist zwar wichtig, dass die Schüler*innen eine Vorstellung davon bekommen, was bei einem Metal- oder Klassik-Konzert zu hören ist, aber es ist für sie keineswegs nebensächlich, welches Verhalten bei solchen Konzerten erwartet wird.

Daneben bietet der Tätigkeitsbegriff auch ein handfestes Kriterium für die Auswahl von Unterrichtsinhalten, nämlich die Frage nach dem Gebrauchswert von Kenntnissen und Fähigkeiten. Ich versuche beim Unterrichten immer im Auge zu behalten, was meinen Schüler*innen bei ihren gegenwärtigen oder zukünftigen musikalischen Tätigkeiten von Nutzen sein könnte. Alle sollten z. B. eine Vorstellung davon haben, wie man Musik notieren kann – das ist ein Thema für den Pflichtunterricht. Aber flüssiges Notenlesen oder gar Vom-Blatt-Spiel nützt vor allem denen, die ein Instrument spielen, – das gehört in den Wahlbereich, z. B. zur Tätigkeit der Ensemble-Musiker*in.

Noch einmal kurz zusammengefasst sind es also die folgenden drei Punkte, mit denen ich etwas Neues zur musikdidaktischen Diskussion beitragen möchte:

  1. Ich unterscheide zwischen zwei Aufgaben des Schulfachs Musik – zum einen sollen die Schüler*innen vielfältige musikbezogene Erfahrungen machen (Beispiel: Musikrätsel), zum anderen sollen sie Fähigkeiten erwerben, die sie für ihre musikalischen Tätigkeiten benötigen (Beispiel: Solorunde).
  2. Ich unterscheide zwischen verschiedenen Graden der Verbindlichkeit des Musikunterrichts – vom Pflichtunterricht, an dem alle Schüler*innen teilnehmen müssen, über den Wahlpflichtunterricht, bei dem sie die Wahl zwischen mehreren Fächern haben, bis zum Wahlangebot, das allen interessierten Schüler*innen offensteht (Beispiel: Schul-Band).
  3. Mein Leitbegriff ist die musikalische Tätigkeit. Musikalische Tätigkeiten sind einerseits Gegenstand des Musikunterrichts (Beispiel: die Tätigkeit der Konzertbesucher*in), andererseits ist die Aneignung von selbst gewählten musikalischen Tätigkeiten Ziel des Musikunterrichts (Beispiel: die Tätigkeit der Band-Musiker*in).

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Daumen

2.2 Prämissen

Prämissen

Bei meinen didaktischen Überlegungen gehe ich von drei Grundannahmen aus:

  1. Musik bereichert unser Leben.
  2. Musik setzt Lernen voraus.
  3. Die Wahl der Musik steht uns frei.

Auf den ersten Blick wirken diese Aussagen harmlos, doch sie markieren drei wesentliche Besonderheiten unseres Schulfachs.

Die erste Annahme ist mit Bedacht sehr zurückhaltend formuliert. Manche anderen Fächer können ja für sich in Anspruch nehmen, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie vermitteln, zur Bewältigung des Lebens in unserer Gesellschaft unerlässlich sind. Wer z. B. nicht lesen kann oder die Grundrechenarten nicht beherrscht, hat in der Regel erhebliche Nachteile im Alltag, und auch ein Grundwortschatz der englischen Sprache ist zweifellos hilfreich. Vergleichbares gibt es in den ästhetischen Schulfächern nicht. Sie beziehen ihre Legitimation daraus, dass sie zu dem beitragen, was man in der praktischen Philosophie bzw. der Ethik als „gutes“ oder „gelingendes Leben“ oder einfach als „Glück“ zu bezeichnen pflegt: eine Lebensführung, die für uns selbst befriedigend, aber auch für unsere Mitmenschen vorteilhaft ist (vgl. z B. Kaiser 2001, S. 96; Landesregierung Nordrhein-Westfalen / Landesmusikrat NRW (2012), S. 2).

Manchmal wird allerdings behauptet, dass es ohne Musik überhaupt kein gutes Leben geben kann. Da sich das kaum beweisen lässt, beruft man sich gern auf Autoritäten wie Friedrich Nietzsche, dessen (aus dem Zusammenhang gerissener) Satz „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ zu den Lieblingszitaten derer gehört, die andere von der Notwendigkeit des Musikunterrichts überzeugen wollen (vgl. Vogt 2005). Dabei ist die unbestreitbare Tatsache, dass Musizieren, Musikhören, Tanzen usw. das Leben angenehmer, befriedigender, schöner machen kann, doch schon Grund genug, der Musik einen Platz im Fächerkanon der allgemeinbildenden Schule zu sichern.

Auch die zweite Annahme ist vorsichtig formuliert. Ich behaupte, dass man beim Musizieren, Tanzen, Musikhören usw. Kenntnisse und Fähigkeiten braucht, die durch Lernen erworben werden müssen. Ich behaupte aber nicht, dass das im Musikunterricht geschehen muss, wie ihn das formale Bildungswesen – Kindergärten, Schulen, Instrumentallehrkräfte usw. – anbietet. Denn anders als etwa das Lernen von Fremdsprachen oder das Lernen in den Naturwissenschaften findet Musiklernen häufig – vermutlich sogar überwiegend – informell in vielfältigen Lebenszusammenhängen statt: Wenn wir in der Familie singen, auf Partys tanzen, im Freundeskreis Musik hören usw., lernen wir sozusagen „on the job“, was wir für die jeweilige Tätigkeit brauchen (vgl. z. B. Stroh 2003; Green 2008).

Dieses informelle Lernen geschieht manchmal bewusst und absichtlich, oft aber auch ohne dass wir es wollen oder merken. Vor allem in den ersten Lebensjahren werden quasi „nebenbei“ kognitive und motorische Fähigkeiten erworben, die für viele musikalische Tätigkeiten unerlässlich sind: musikalisches Gehör, Singstimme, Rhythmusgefühl u. a. Dass diese Lernprozesse im Hintergrund ablaufen, ist vielleicht die Ursache dafür, dass sich die alltagspsychologische Annahme hartnäckig hält, dass Musikalität eine besondere Begabung ist – wer beim Singen die Töne nicht treffe, sei eben von Geburt an unmusikalisch. Doch auch wenn genetische Faktoren bei der Entwicklung musikalischer Fähigkeiten unbestreitbar eine Rolle spielen, müssen wir davon ausgehen, dass von wenigen Ausnahmen abgesehen jeder Mensch Musik lernen kann (vgl. Drösser 2009, S. 119ff.; Marcus 2013).

Die dritte Annahme hat weitreichende Konsequenzen für unser Schulfach. Ich gehe davon aus, dass es in unserer Gesellschaft jedem Menschen überlassen bleibt, welche Musik er mag und wie er mit ihr umgeht. Ob ich Klaviersonaten spiele oder lieber zum Schlager-Move gehe, ob ich Musik zum Mittelpunkt meines Lebens mache oder nur ab und zu mal Radio höre, das darf und muss ich selbst entscheiden. Deshalb gibt es auch keinen gesellschaftlichen Konsens darüber, was man in Bezug auf Musik zu wissen und zu können hat. Muss jeder Mensch die Nationalhymne auswendig können? ein Musikinstrument spielen? die Botschaft von Beethovens 9. Sinfonie verstehen? Wünschenswert ist das alles zweifellos – aber ist es unverzichtbar? Wie unterschiedlich hier die Meinungen sein können, zeigt schon der Vergleich der 16 deutschen Musik-Lehrpläne. Für den Musikunterricht folgt daraus, dass es Sache der Schüler*innen ist, die Kenntnisse und Fähigkeiten auszuwählen, die sie „wirklich“ und „richtig“ lernen wollen, weil sie sie tatsächlich für ihre musikalischen Tätigkeiten brauchen.

Das stellt die Musiklehrer*innen natürlich vor ein methodisches Problem: Wie soll man in der allgemeinbildenden Schule den Wünschen und Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht werden, wenn sie unterschiedliche Musikpräferenzen haben? Vielfach versucht man sich dadurch aus der Affäre zu ziehen, dass man eben doch einen Pflichtkanon aufstellt, der für alle verbindlich sein soll. So geschehen z. B. 2004, als die Konrad-Adenauer-Stiftung eine Liste von Musikstücken veröffentlichte, die jede*r deutsche Schüler*in im Laufe seiner/ihrer Schulzeit einmal hören sollte (vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung 2004). Doch an den Schüler*innen vorbei zu unterrichten widerspricht nicht nur dem Auftrag der allgemeinbildenden Schule, sondern es verschlechtert auch die Lehrer*in-Schüler*innen-Beziehung, was die erhoffte Arbeitsentlastung wieder zunichtemacht (vgl. Jünger 2006, S. 64).

emu

Wie Ent­schei­dungs­frei­heit unter den gegen­wärtigen bildungs­politischen Rahmen­bedingungen realisiert werden kann, zeigt das Beispiel einer Hamburger Stadtteilschule. Sie hat ihr musikalisches Bildungsangebot so organisiert, dass jede*r Schüler*in ein Instrument erlernen und in einem entsprechenden Ensemble mitspielen kann. Das Konzept heißt „Erweiterter Musik­unterricht (EMU)“ und funktioniert seit 20 Jahren mit großem Erfolg. Es setzt allerdings voraus, dass daneben auch „normaler“ Musik­unterricht stattfindet, in dem die Schüler*innen die Vielfalt der Musik kennen lernen und dadurch in die Lage versetzt werden zu wählen, was sie nachhaltig lernen wollen.

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Daumen

2.3 Musikalische Tätigkeiten

tätigkeiten

Inzwi­schen gilt es als selbst­ver­ständ­lich: Musik­lehrer*­innen sollen handlungsorientiert unterrichten. Sie sollen ihren Schüler*innen beibringen, musikalisch (oder musikbezogen) zu handeln – d. h. sich ein Ziel zu setzen, den Weg dahin zu planen und den Plan umzusetzen. Beispiel: Die Lerngruppe nimmt sich vor, beim Schülerkonzert aufzutreten, und bereitet sich durch Auswahl, Arrangieren und Einüben eines geeigneten Musikstücks darauf vor.

Die tätigkeitsorientierte Musikpädagogik geht darüber hinaus. Hier geht es nicht nur um Handlungen, die Musiker*innen ausführen, sondern auch um Tätigkeiten, die sie ausüben. Mit denen sollen die Schüler*innen bekannt gemacht werden, und ausgewählte Tätigkeiten sollen sie sich auch selbst aneignen.

Während die theoretische Grundlegung des handlungsorientierten Unterrichts von den Schweizer Psychologen Jean Piaget und Hans Aebli geleistet worden ist (Aebli 1980/1981) und in der damaligen Bundesrepublik viel Beachtung gefunden hat, geht die Tätigkeitstheorie auf die russischen Psychologen Lew S. Wygotski und Alexei N. Leontjew zurück (Leontjew 1977) und ist vor allem in der DDR rezipiert worden (z. B. Lompscher 1977). In Westdeutschland war es vor allem die Kritische Psychologie, die mit dem Tätigkeitsbegriff arbeiteten (z. B. Braun/Holzkamp 1977). Daneben spielt der Tätigkeitsbegriff auch in der Sonder-, Berufs- und Sozialpädagogik eine Rolle (z. B. Fichtner 1996, Schapfel 1995, Deinet/Reutlinger 2014). In die Musikwissenschaft und Musikpädagogik ist er von Wolfgang M. Stroh eingeführt worden (Stroh 1984).

Was unterscheidet nun die Tätigkeit von der Handlung? Kurz gesagt: Tätigkeiten sind relativ umfassende und komplexe Prozesse, Handlungen dagegen überschaubar und zeitlich befristet. Tätigkeiten setzen sich gewissermaßen aus einzelnen Handlungen zusammen. Dazu kommt noch eine dritte Ebene: Jede Handlung setzt sich aus einzelnen Verhaltensweisen oder „Operationen“ zusammen.

Ein Beispiel soll diese hierarchische Struktur veranschaulichen. Frau X spielt Saxophon in einer Big Band. Tätigkeitstheoretisch ausgedrückt übt sie die Tätigkeit der Hobby-Musikerin aus. Daneben bleibt ihr noch Zeit für andere Tätigkeiten: Sie übt den Beruf der Zahnärztin aus, engagiert sich in der Flüchtlingshilfe, ist Mutter von zwei Kindern usw. Alle diese Tätigkeiten übt sie möglicherweise viele Jahre lang aus, bis sie sie irgendwann aufgibt. Sie haben gewissermaßen Zustandscharakter – Frau X „ist“ Saxophonistin, und zwar so lange, wie die zugrunde liegenden Motive – Freude am Musizieren, an sozialen Kontakten o. Ä. – anhalten.

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten führt Frau X immer wieder bestimmte typische Handlungen aus. Zum Beispiel übt sie nach Feierabend manchmal Saxophon – eine Handlung, die zur Tätigkeit der Hobby-Musikerin gehört. Weitere Handlungen, die eine Saxophonistin mehr oder weniger regelmäßig ausführt, sind etwa die Mitwirkung bei einem Big-Band-Auftritt und der Kauf von Saxophon-Blättern. All dies sind Vorgänge, die zeitlich relativ klar begrenzt sind, denn sie sind jeweils auf ein Ziel gerichtet, und wenn dieses Ziel erreicht ist, ist die Handlung beendet. Wenn Frau X alles geübt hat, was sie üben wollte, dann packt sie ihr Saxophon wieder ein und wendet sich anderen Dingen zu. Im Gegensatz zu Tätigkeiten haben Handlungen also eher Ereignischarakter, sie „finden statt“ – das Üben täglich, der Big-Band-Auftritt am Wochenende, der Kauf von Saxophon-Blättern einmal im Jahr.

Bei jeder Handlung von Frau X lassen sich nun wiederum einzelne typische Operationen voneinander abgrenzen, die der Erreichung des jeweiligen Handlungsziels dienen. Beim Üben muss z. B. das Saxophon ausgepackt, zusammengebaut und gestimmt werden, Frau X muss die Noten lesen, die richtigen Töne spielen, im Solo-Teil improvisieren usw. All diese Operationen sind mehr oder weniger automatisierte Vorgänge, über die man nicht mehr nachdenkt, erlernte Routinen, die zur Durchführung der Handlung einfach abgerufen werden. Dabei müssen es nicht immer dieselben Operationen sein, durch die eine bestimmte Handlung realisiert wird. Wie im konkreten Fall das Handlungsziel angestrebt wird, ist von den jeweiligen situativen Rahmenbedingungen abhängig. Das Stimmen des Saxophons z. B. kann entweder mit Hilfe eines Stimmgerätes oder durch Vergleich mit anderen Instrumenten stattfinden, je nachdem, was sich gerade anbietet.

Das klingt vielleicht kompliziert, und tatsächlich ist es im konkreten Fall manchmal schwierig zu entscheiden, wie man aus dem Kontinuum der menschlichen Lebensäußerungen einzelne Einheiten ausgliedern und Tätigkeiten, Handlungen und Operationen voneinander abgrenzen soll. Aber aus pädagogischer Sicht ist das auch gar nicht nötig. Es genügt, im Auge zu behalten, dass man die Aktivität des Menschen aus drei Perspektiven betrachten kann: Wer Tätigkeiten sehen will, muss sozusagen durchs Weitwinkelobjektiv schauen, durchs Teleobjektiv erkennt man die zugehörigen Handlungen und unter dem Mikroskop werden die einzelnen Operationen sichtbar. Alle drei Ebenen sind wichtig. Denn wer eine Tätigkeit ausüben will, muss wissen, welche Handlungen dazu nötig sind und welche einzelnen Operationen er dafür beherrschen muss. Und umgekehrt hängt das Erlernen von Operationen in der Luft, wenn es nicht auf Handlungen und Tätigkeiten bezogen wird, die sich mit ihrer Hilfe realisieren lassen.

Der Ausdruck „Tätigkeit“ lässt sich unterschiedlich verwenden.

  1. Man kann die Gesamtheit der Interaktionen eines Individuums mit seiner Umwelt als „Tätigkeit“ bezeichnen. Man spricht dann (im Singular) von „der Tätigkeit“ eines einzelnen Menschen. Beispiele: „Ein Mensch eignet sich durch seine Tätigkeit seine Umwelt an.“ – „Frau Müller war bis ins hohe Alter rastlos tätig.“
  2. Man kann diese Gesamtheit – die Tätigkeit eines Individuums – gliedern und nach unterschiedlichen Kriterien einzelne Bereiche voneinander abgrenzen. Man spricht dann (im Plural) von „den Tätigkeiten“ eines einzelnen Menschen. Beispiele: „Die verschiedenen Tätigkeiten eines Menschen sind auf verschiedene Gegenstände gerichtet.“ – „Herr Schmidt geht einer ungewöhnlichen Tätigkeit nach: Er verfilmt Musik.“
  3. Man kann häufig in gleicher oder ähnlicher Form auftretende, gesellschaftlich übliche Tätigkeitsformen zu Typen zusammenfassen und entsprechend benennen. Man spricht dann von den Tätigkeiten, die in einer Gesellschaft sich entwickelt haben und mehr oder weniger gewohnheitsmäßig ausgeübt werden. Beispiel: „Die Tätigkeit der Hausfrau genießt kein hohes Ansehen.“ – „Frau Fischer ist als Orchestermusikerin tätig.“

Ich meine in der Regel die dritte Variante: Tätigkeiten im Sinn von Tätigkeitstypen. Diese sind nicht nur durch die relative Häufigkeit ihres Auftretens aus dem Feld möglicher Tätigkeitsformen herausgehoben, sondern auch dadurch, dass die Sprache mehr oder weniger spezifische Bezeichnungen für sie bereithält: Komponist, Chorsänger, Tonmeister, Musikkritiker, Konzertbesucher, Turniertänzer usw. (Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Tätigkeitsbegriff findet man in Jünger 2014).

notenlesen

Bei diesem Unter­richts­beispiel wird eine Operation – das Noten­lesen – in den Kontext von Handlungen und Tätig­keiten gestellt. Schüler*­innen, die bereits erste Erfahrungen mit der Noten­schrift gemacht haben, werden darüber informiert, welche Funktionen das Noten­lesen beim Musi­zieren haben kann: Man kann nach Noten spielen, notierte Musik auswendig lernen und anhand von Notenbeispielen das Improvisieren lernen. Zu anderen musikalischen Tätigkeiten gehört sogar das Schreiben von Noten, und nicht wenige kommen ohne Notenschrift aus.

bach

Die ent­gegen­gesetzte Perspek­tive wird bei diesem Unter­richts­beispiel ein­genommen: Es geht von zwei Tätig­keiten aus – der eines Barock-Cembalisten und der einer Rock-Gitarristin (Carl Philipp Emanuel Bach und Susanna Hoffs) – und fragt nach den Handlungen und Operationen, die zu diesen Tätigkeiten gehören. Auf diese Weise beschränkt sich der musikgeschichtliche Vergleich nicht wie vielfach üblich auf die jeweiligen Stilmerkmale, sondern bezieht alle Aspekte der Musik ein.

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Daumen

2.4 Musikalische Bildung

„Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder nur selbst“ (Bieri 2005, S. 1) – so oder ähnlich kann man es auch in Zeiten von Bildungsstandards und Kompetenzorientierung immer wieder lesen. Der Bildungsbegriff mag seit Wilhelm von Humboldt viele Wandlungen erfahren haben, doch immer noch halten die meisten Pädagog*innen an der Vorstellung fest, dass Bildung kein passiver, sondern ein aktiver, vom Sich-Bildenden selbstverantworteter Prozess ist (vgl. Vogt 2008, S. 36).

Wenn man sich dem anschließt, kann man von der Schule nicht erwarten, dass sie ihre Schüler*innen bildet (auch wenn die Bezeichnung „allgemeinbildend“ so etwas nahelegt). Vielmehr kann ihre Aufgabe nur darin bestehen, die individuellen Bildungsprozesse der Schüler*innen zu unterstützen. Das gilt auch für das Schulfach Musik: Es kann musikalische Bildung nicht erzwingen, sondern nur ermöglichen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Musiklehrer*in tatenlos darauf warten muss, bis sie von den Schüler*innen um Beistand gebeten wird. Sie darf und soll durchaus anregen, ermutigen, werben mit dem Ziel, dass die Schüler*innen Musik in einer selbst gewählten Form zum Bestandteil des eigenen Lebens machen. Tätigkeitstheoretisch formuliert: Sie sollen selbstbestimmt musikalischen Tätigkeiten nachgehen.

Die Formulierung „sie sollen“ verrät, dass auch die tätigkeitsorientierte Musikpädagogik davon ausgeht, dass die Schule nicht nur Angebote macht, sondern immer auch Normen setzt. Das Ermutigen ist nicht so einengend wie das Erzwingen, aber ebenfalls ein Akt der Erziehung: Die Musiklehrer*in nimmt auf ihre Schüler*innen Einfluss, um bei ihnen „psychische Dispositionen hervorzubringen“ (Brezinka 1976, S. 95), in diesem Fall die Bereitschaft, musikalisch tätig zu sein. Es wird später noch von anderen allgemeinen und fachspezifischen Erziehungszielen die Rede sein.

Wenn ich jemandem helfen will, sich selbst musikalisch zu bilden, muss ich beachten, dass dieser Bildungsprozess in vier logischen Schritten vor sich geht: Kennenlernen und Auswählen von Tätigkeiten sowie Aneignung und Anwendung von Kenntnissen und Fähigkeiten sind die Aufgaben, die sich denen stellen, die sich musikalisch bilden wollen.

aufgaben
  1. Sie müs­sen die musi­kali­schen Tätig­keiten kennen­lernen, die ihnen zur Wahl stehen, und zwar so gut, dass sie sich dafür oder dagegen entscheiden können.
  2. Kennenlernen ist mehr als beiläufige Kenntnisnahme. Wer eine Tätigkeit kennt, hat die Erfahrung gemacht, wie es ist, sie auszuüben. Man lernt eine Tätigkeit nur dadurch kennen, dass man sie sich bis zu einem gewissen Grad aneignet, d. h. das dafür erforderliche Maß an Fähigkeiten erwirbt (z. B. muss ich schon ein paar Gitarrengriffe gelernt haben, um beurteilen zu können, ob Gitarre das richtige Instrument für mich ist). Mit „Kennenlernen“ ist also ein mehr oder weniger intensives „Ausprobieren“ gemeint – Lernen „zur Probe“, „tentatives“ Lernen.

  3. Sie müssen ein oder mehrere musikalische Tätigkeiten auswählen, die sie ausüben wollen.
  4. Wenn man eine Tätigkeit kennengelernt hat, muss man entscheiden, ob man sie sich aneignen will. Dabei spielen vier Kriterien eine Rolle: die Wertschätzung, die man der Tätigkeit als solcher entgegen bringt (z. B. „ich finde es gut, wenn Menschen gemeinsam Musik machen“), die Bereitschaft, die Tätigkeit tatsächlich auch selbst auszuüben (z. B. „ich möchte gerne Gitarre in einer Band spielen“), die Fähigkeiten, die zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind (z. B. „ich traue mir zu, Gitarre zu lernen“), und die Zugänglichkeit der Tätigkeit in geografischer, sozialer und finanzieller Hinsicht (z. B. „meine Freunde wollen mit mir zusammen eine Band gründen“). Diese Wahlsituation ist kein einmaliges Ereignis. Vielmehr stellt sich die Frage, welche der möglichen Tätigkeiten jemand ausübt, welche er beibehält, welche er beendet, welche er neu aufnimmt, immer wieder – täglich und lebenslang. Allerdings wird die Wahlfreiheit durch verschiedene Faktoren eingeengt (nicht zuletzt durch Verbindlichkeiten, die z. B. durch die Wahl eines Kurses für eine gewisse Zeitdauer eingegangen werden, oder durch Präferenzen von Eltern oder Mitschüler*innen).

  5. Sie müssen sich die für die ausgewählte Tätigkeit erforderlichen musikalischen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, so dass sie die zu der Tätigkeit gehörenden Handlungen und Operationen beherrschen.
  6. Wenn man sich für eine Tätigkeit entschieden hat, muss man sich das Wissen und (kognitive und psychomotorische) Können aneignen, das man zur Ausübung der Tätigkeit braucht. Diese Lernvorgänge können systematisch oder informell stattfinden, gestützt durch Unterricht oder in Eigenregie geschehen, sie können unterschiedliche Handlungen und Operationen einbeziehen und unterschiedliche Intensitätsgrade aufweisen. Doch immer geschehen sie in der Absicht, einen bleibenden Lernerfolg zu erzielen – Lernen „auf Dauer“, „nachhaltiges“ Lernen.

  7. Sie müssen die erworbenen musikalischen Kenntnisse und Fähigkeiten anwenden, indem sie die gewählten Tätigkeiten ausüben.
  8. Wenn man sich das für eine Tätigkeit erforderliche Wissen und Können bis zu einem gewissen Grad angeeignet hat, kann man die betreffende Tätigkeit ausüben. Diese Anwendung erworbener Fähigkeiten ist nicht nur wichtiger Ausgangspunkt für weiterführende Lernprozesse, sondern liefert auch die notwendige Motivation dafür. Wenn John Dewey mit seinem Schlagwort „learning by doing“ recht hat, dann erwirbt man Kenntnisse und Fähigkeiten am besten dadurch, dass man das tut, wofür man diese Kenntnisse und Fähigkeiten braucht.

Diese vier Schritte analytisch getrennt zu betrachten, bedeutet nicht, dass sie in der Praxis immer sauber voneinander zu trennen wären. Wenn z. B. die früher erwähnte Frau X in Ausübung ihrer Tätigkeit als Saxophonistin an einer Big-Band-Probe teilnimmt, wendet sie bereits vorhandene Fähigkeiten an (Schritt 4), erwirbt aber wahrscheinlich auch Fähigkeiten, die sie noch nicht hatte (Schritt 3), und macht möglicherweise sogar neue Erfahrungen (Schritt 1); selbst ihre Entscheidung für das Saxophon könnte in dieser Situation noch einmal in Frage gestellt werden – man kann eine Tätigkeit ja auch aufgeben (Schritt 2).

Dennoch ist es sinnvoll, die Komponenten des Bildungsprozesses gedanklich zu unterscheiden, nicht zuletzt dann, wenn es um die Frage geht, wie Musiklehr*innen ihren Schüler*innen bei ihren Bildungsbemühungen helfen kann. Für das Schulfach Musik lassen sich die folgenden vier Möglichkeiten ableiten:

  1. Man kann die Schüler*innen mit musikalischen Tätigkeiten bekanntmachen.
  2. Man kann sie bei der Auswahl musikalischer Tätigkeiten beraten.
  3. Man kann ihnen beim Erwerb musikalischer Kenntnisse und Fähigkeiten helfen, die sie für die ausgewählten musikalischen Tätigkeiten benötigen.
  4. Man kann ihnen die Ausübung musikalischer Tätigkeiten und damit die Anwendung musikalischer Kenntnisse und Fähigkeiten ermöglichen.

Welche dieser Möglichkeiten an einer Schule realisiert wird, hängt nicht zuletzt von den Rahmenbedingungen ab. Die Ganztagsschule, die in Deutschland allmählich zum Normalfall wird, bietet mit ihren vergrößerten Zeitressourcen gute Chancen, alle vier Aufgaben abzudecken und auf diese Weise auch solchen Schüler*innen einen Zugang zu musikalischer Bildung zu eröffnen, für die Musikschule oder Privatmusikunterricht aus finanziellen oder sozialen Gründen unerreichbar ist.

Leo Kestenberg, der als Begründer unseres Schulfaches gilt, ging noch von einer klaren Arbeitsteilung aus: Die „Schulmusik“ sollte alle Kinder und Jugendlichen an die Musik heranführen, Musikschulen und Privatmusiklehrer*innen sollten den „musikalisch Begabten“ Gesangs- und Instrumentalunterricht anbieten (Kestenberg 1921, S. 24, 56ff.). Seit einiger Zeit wandert nun die „Spezialbildung“ mehr und mehr unter das Dach der allgemeinbildenden Schule hinüber: Streicher-, Bläser- und Chorklassen, Schulchöre, -bands und -orchester leisten zumindest in Ansätzen das, wofür bisher die Musikschule zuständig war. Ein unübersehbarer Vorteil dieser Entwicklung liegt darin, dass sie einen niedrigschwelligen Zugang zu nachhaltiger musikalischer Bildung eröffnen kann. Der Gruppenunterricht einer Bläser- oder Streicherklasse mag sich mit der Qualität des Einzelunterrichts an der Musikschule nicht messen können, doch hinsichtlich der Breitenwirkung ist er ihm weit überlegen.

Auch für das musikalische Bildungsangebot der Schule gilt: Die gedankliche Unterscheidung der vier Funktionen kann bei Planung und Analyse von Musikunterricht helfen, darf aber nicht missverstanden werden als Curriculum, das Schritt für Schritt abzuarbeiten wäre. Angesichts der Vielfalt der musikalischen Möglichkeiten würde es wenig Sinn machen, zuerst alles kennen lernen zu wollen, ehe man sich für eine musikalische Tätigkeit entscheidet und mit dem Erwerb von Fähigkeiten beginnt. Immerhin wird in der Praxis jeweils ein Aspekt im Vordergrund stehen. So wird es im Pflichtmusikunterricht oft um das Kennenlernen von Möglichkeiten gehen, im Lehrer-Schüler-Eltern-Gespräch vor allem um Beratung, in Arbeitsgemeinschaften und Ensembles meistens um Erwerb und Anwendung von Fähigkeiten.

aufgaben

Vier Auf­ga­ben muss man be­wäl­ti­gen, wenn man sich musika­lisch bildet, und vier Mög­lich­keiten gibt, bei diesem Prozess zu helfen. Um das alles auf einen Nenner zu bringen, verwende ich die Kurzformel „Orientierung und Kompetenz“ – das Kennenlernen und Auswählen von Tätigkeiten bzw. das Bekanntmachen mit den Möglichkeiten und die Beratung bei der Auswahl fasse ich unter dem Schlagwort „Orientierung“ zusammen, den Erwerb und die Anwendung von Fähigkeiten bzw. die Unterstützung dabei unter dem Schlagwort „Kompetenz“. Abgekürzt mit „O“ und „K“ ergibt sich so eine prägnante Bezeichnung für meine Konzeption: „OK-Modell“.

Die Begriffe „Orientierung“ und „Kompetenz“ sind nicht unproblematisch. Der erstere wird in der Musikdidaktik meist in Zusammenhang mit den Leitbegriffen verschiedener Konzeptionen oder Unterrichtsprinzipien verwendet: „Orientierung am Kunstwerk“ (Alt 1968), „handlungsorientierter Musikunterricht“ (Rauhe/Reinecke/Ribke 1975), „Schülerorientierung“ (Günther/Ott/Ritzel 1982) usw. (auch ich spreche ja von „tätigkeitsorientierter Musikpädagogik“). Hier – im Kontext der vier Bildungsaufgaben – verwende ich „Orientierung“ analog zu „Berufsorientierung“ (vgl. Kell 1996, S. 183) oder „Orientierungsstufe“ (vgl. Spies 1996, S. 262f.): Ich meine damit das Kennenlernen und Ausprobieren der Möglichkeiten, das Sammeln von Erfahrungen zur Erweiterung des musikalischen Horizonts und als Grundlage für Wahlentscheidungen.

Beim Begriff „Kompetenz“ beruft man sich meist auf die Definition von Franz E. Weinert (2001, S. 27f.), meint aber meist mehr als nur „kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten“ (vgl. z. B. Carle 2003, Tschekan 2011). Auch ich verwende den Begriff in einem weiteren Sinn: Unter „Kompetenz“ verstehe ich die Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen, die man zur Ausübung einer Tätigkeit benötigt.

Damit man sich vorstellen kann, wie Musiklehrer*innen den vier Möglichkeiten, die ich hier erläutert habe, in der Schulpraxis realisieren können, folgen nun einige konkrete Beispiele. Ich habe dafür zwei kontrastierende Unterrichtsthemen ausgewählt: eines, das den heutigen Musikunterricht dominiert, und eines, das geradezu unpopulär ist.

aufgaben

Sicher im Main­stream des Musik­unter­richts verankert ist das Instru­men­tal­spiel. Nachdem es in den 1970er Jahren noch als „Musische Erziehung“ verpönt war, hat es heute dem Musikhören fast den Rang abgelaufen - nicht zuletzt wegen der hohen Attraktivität, die das praktische Musizieren für die Schüler*innen hat. Bei den folgenden vier Unterrichtsbeispielen wird das instrumentale Musizieren nicht als Unterrichtsmethode eingesetzt, sondern es ist selbst Unterrichtsgegenstand: Die Schüler*innen sollen die Tätigkeit der Instrumentalist*in kennenlernen, sie sollen sich eventuell für ein Instrument entscheiden, sie sollen die dafür nötigen Kompetenzen erwerben und sie sollen sie auch anwenden.

Dieses Unter­richts­projekt dient der Orien­tierung – die Schüler*­innen lernen die Tätig­keit der Band­musiker*in kennen, indem sie in kleinen Gruppen die ersten Schritte einer Bandgründung durchspielen und einige Takte aus einem Pop-Titel einüben.

Hier geht es um Bera­tung – Schüler*­innen sollen bei der Ent­scheidung, welches Musik­instru­ment sie erlernen wollen, unterstützt werden. Sie erhalten Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten, die ihnen zur Wahl stehen, und werden auf Kriterien aufmerksam gemacht, die sie bei der Wahl berücksichtigen sollten.

In der schuli­schen Ensemble-Arbeit steht nach­haltiger Kompe­tenz­erwerb im Vorder­grund. Die Schüler*innen sollen sowohl den Gebrauch ihres jeweiligen Instruments als auch das Zusammenspiel in einer Band oder einem Orchester erlernen. Eine besondere Herausforderung ist hierbei, dass die Lernvoraussetzungen der Teilnehmer*innen sehr unterschiedlich sein können. Dem kann man u. a. durch entsprechend angelegte Arrangements gerecht werden (z. B. durch die Bearbeitung von „Oh When The Saints“ für eine Anfänger-Big-Band).

Die Anwen­dung dessen, was man in Ensemble-Proben lernt, findet in erster Linie bei schul­internen und öffent­lichen Auftritten vor Publikum statt. Dabei liegt es in der Verantwortung der Musiklehrer*in, für Erfolgserlebnisse zu sorgen. Wichtig ist daher eine sorgfältige Planung und Vorbereitung solcher Ereignisse.

Ganz im Gegen­satz zum Instrumental­spiel ist die Oper für die meisten Jugend­lichen der oper Inbe­griff des „Un­coolen“, und viele Musik­lehrer*­innen drücken sich gerne um dieses Unter­richts­thema, obwohl es nach wie vor einen festen Platz in allen Lehrplänen und Schulbüchern hat. Doch auch diese sperrige Kunstform gehört zum Spektrum der musikalischen Möglichkeiten, mit denen der Musikunterricht bekannt machen soll. Die Schüler*innen sollten zumindest Ausschnitte aus geeigneten Werken kennenlernen und aus musikalischer, dramaturgischer, historischer und soziologischer Perspektive betrachten. Außerdem gilt es, die Tätigkeiten derer zu thematisieren, die Opern produzieren (Komponist*in, Librettist*in, Sänger*in, Regisseur*in, Intendant*in usw.). Und schließlich darf man die Tätigkeit derer nicht vergessen, die Opern besuchen, denn das ist die Tätigkeit, die unsere Schüler*innen wohl noch am ehesten selbst ausüben werden. Auf dieses letztgenannte Thema beziehen sich die folgenden vier Beispiele.

Dieses Unterrichtsbeispiel dient der Orientierung - dem Kennenlernen der Tätigkeit der Opernbesucher*in. Anhand einer Puzzle-Aufgabe spielen die Schüler*innen gedanklich den Besuch einer Opernaufführung durch, und sie befragen anhand eines Interview-Leitfadens eine erwachsene Opernbesucher*in. Dabei erfahren sie, wie man sich auf einen Opernabend vorbereitet und welches Verhalten während der Vorstellung erwartet wird. Auf diese Weise erweitert der Unterricht den musikalischen Horizont der Schüler*innen und hilft ihnen bei der Entscheidung, ob sie selbst eine Oper besuchen wollen.

Einen spielerischen Beitrag zur Beratung der Schüler*innen bei der Auswahl musikalischer Tätigkeiten leistet „Professor Pianos Psychotest“. Er soll die Schüler*innen dazu anregen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Besuch einer Oper für sie in Frage kommt.

Bei diesem Beispiel geht es um nachhaltigen Kompetenzerwerb – Schüler*innen, die sich für die Tätigkeit der Opernbesucher*in entschieden haben, wollen eine Aufführung von Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“ besuchen und sich auf dieses Ereignis vorbereiten. Dazu gehört – neben der Beschäftigung mit den Besonderheiten von Rossinis Musik und der jeweiligen Inszenierung – die genaue Kenntnis der Handlung. Diese kann man durch das Lesen im Opernführer erwerben. Unterstützend kann man aber auch Standbilder erstellen, ausgewählte Ausschnitte aus dem Libretto als Rollenspiel inszenieren und sich in Form eines Tests mit dem komplizierten Intrigengeflecht des Librettos auseinandersetzen.

Es gibt zwei Gründe, in die Oper zu gehen: Entweder will man diese Kunstform kennenlernen oder man kennt sie schon und mag es. Im ersten Fall geht es um Orientierung in der Welt der Musik, im zweiten um Ausübung einer selbstgewählten Tätigkeit – der der Opernbesucher*in. Wenn die Schule den Erwerb der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten anbietet (wie es in Beispiel B-13 geschieht), ist es nur konsequent, wenn sie auch die Anwendung dieser Kompetenzen ermöglicht – z. B. durch gemeinsame Opernbesuche. 

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Daumen

2.5 Organisation des Musikunterrichts

Wer anderen helfen will, sich musikalisch zu bilden, kann das auf zweierlei Weise tun: Er kann ihnen Orientierung geben, indem er sie – unverbindlich – mit der ganzen Breite und Vielfalt der Musik (natürlich nur exemplarisch) bekanntmacht, und er kann sie beim Kompetenzerwerb unterstützen und ihnen – möglichst nachhaltig – die Kenntnisse und Fähigkeiten beibringen, die sie speziell für die von ihnen gewählten Tätigkeiten benötigen. Wer – wie die allgemeinbildende Schule seit einiger Zeit – beides tun will, muss beachten, dass der Übergang von der einen Aufgabe zur anderen einen Willensakt der Lernenden voraussetzt. Es muss nämlich eine Wahlentscheidung stattfinden, und falls nicht zufällig alle Schüler*innen die gleiche Wahl treffen, ändert sich sozusagen die Geschäftsgrundlage: Solange es um Orientierung geht, kann man allen Schüler*innen im Prinzip dasselbe Angebot machen; sobald es aber um Kompetenzerwerb geht, muss sichergestellt werden, dass jede Schüler*in das lernen kann, was sie lernen will.

Für diese zweite Aufgabe bietet sich – zumindest beim Erlernen von Gesang oder Instrumentalspiel – der Unterricht an einer Musikschule oder bei Privatmusiklehrer*innen an, denn an dem nehmen die Schüler*innen meist einzeln, in jedem Fall aber freiwillig teil. Dagegen scheint die allgemeinbildende Schule auf den ersten Blick wenig geeignet zu sein, individuelle Bildungsprozesse zu unterstützen. Wenn jede Schüler*in die Wahl haben soll, welche musikalischen Tätigkeiten sie sich aneignet, dann stellt sich die Frage, wie das in einer Institution mit Zwangsmitgliedschaft gelingen kann, in der man Kinder und Jugendliche nach Alter sortiert in Klassen zusammenfasst, um sie dann nach Lehr- und Stundenplan zu unterrichten und nach einheitlichen Leistungskriterien zu prüfen.

Klaus Holzkamp sieht in der Schule – wie vor ihm Michel Foucault – eine „Disziplinaranlage“ (S. 349), die von der Annahme ausgeht, dass alles, was gelehrt wird, auch gelernt wird („Lehr-Lern-Kurzschluss“), und die ständig damit beschäftigt ist, das Schüler*innen-Verhalten zu bewerten („schuldisziplinäre Bewertungsuniversalität“). Dadurch fördere sie „defensives Lernen“, das lediglich zur Abwehr schulischer Sanktionen dient, und erschwere das wünschenswerte „expansive Lernen“, mit dem die Schüler*innen ihre Verfügung über die Welt erweitern und ihre Lebensqualität verbessern (Holzkamp 1993, S. 349ff.). Alle reformpädagogischen Ansätze seit Berthold Ottos „Zukunftsschule“ (vgl. Otto 1901-1914) haben versucht, dieses Problem durch Organisationsmodelle zu lösen, die den Schüler*innen mehr oder weniger umfangreiche Wahlmöglichkeiten bieten. Doch in letzter Zeit wird der Konflikt zwischen individueller Wahlfreiheit und institutionellem Zwang wieder verschärft durch die Bemühungen um Standardisierung des schulischen Lernens, mit denen die deutsche Bildungspolitik auf die Ergebnisse der ersten PISA-Studien (2000ff.) reagiert hat (vgl. z. B. Klieme u. a. 2003).

Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass die allgemeinbildende Schule durchaus in der Lage ist, Schüler*innen in ihrem Bildungsweg eine gewisse Individualität zuzugestehen, und zwar auf drei Ebenen:

  1. Auf der organisatorischen Ebene kann die Schule durch ein differenziertes Wahlangebot unterschiedliche Lernmöglichkeiten auf freiwilliger Basis bereithalten (Beispiele: Chor, Gitarrenkurs, Tanz-AG).
  2. Auf der methodischen Ebene kann die Lehrer*in durch Binnendifferenzierung unterschiedlichen Interessen der Schüler*innen entgegenkommen (Beispiele:  arbeitsteilige Gruppenarbeit, Projektarbeit, Freiarbeit).
  3. Auf der Beziehungsebene kann die Lehrer*in durch einen permissiven Erziehungsstil selbstgesteuertes Lernen ermöglichen (Beispiele: Tolerieren eigener Lernaktivitäten, gemeinsame Unterrichtsplanung, großzügige Leistungsbewertung).

Die Lernangebote der heutigen allgemeinbildenden Schule unterscheiden sich teilweise erheblich in Bezug auf ihre Verbindlichkeit. Auf der Ebene der Unterrichtsorganisation reicht die Skala vom Pflichtunterricht, an dem die Schüler*innen teilnehmen müssen (z. B. zwei Wochenstunden Musikunterricht) über Wahlpflichtunterricht, bei dem die Schüler*innen aus einem kleinen oder großen Fächerangebot eines auswählen müssen (z. B. Musik, Bildende Kunst oder Theater) bis hin zu Wahlangeboten, die von den Schüler*innen freiwillig in Anspruch genommen werden, bei denen sie sich allerdings für eine bestimmte Zeit zur Teilnahme verpflichten (z. B. schulische Musik-Ensembles) und zu offenen Lernangeboten, die ganz nach Lust und Laune genutzt werden können (z. B. Band-Coaching, Überäume, Tanzpause). Auf der Ebene der Unterrichtsmethodik findet man auf der einen Seite einen Unterricht, der bis ins Detail vorschreibt, was die Schüler*innen lernen sollen (z. B. Kompetenzraster), auf der anderen Seite Methoden des offenen Unterrichts (z. B. Freiarbeit); dazwischen ordnen sich Wahlmöglichkeiten (z. B. Wochenplanarbeit) und freiwillige Lernangebote (z. B. Zusatzaufgaben) ein. Auf der Ebene der Lehrer*in-Schüler*in-Beziehung bildet das strenge Insistieren auf Erfüllung der Anforderungen (erzwungen durch Leistungstests) den einen Pol, das Tolerieren, Akzeptieren oder Fördern von selbst initiierten Lernaktivitäten der Schüler*innen (wie dem Experimentieren mit Keyboard-Sounds anstelle des eigentlich verlangten Übens einer Keyboard-Stimme) den anderen Pol. Auch in der allgemeinbildenden Schule ist es also möglich, Verbindlichkeit zu reduzieren, Wahlsituationen zu schaffen und selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen (vgl. Bannach 2002, S. 70ff.).

Dass diese Nischen der Wahlfreiheit von den Schüler*innen nicht immer genutzt werden, liegt nicht zuletzt daran, dass für den Pflicht- und den Wahlpflichtunterricht eine Leistungsbewertung vorgeschrieben ist. Die Frage, mit welcher Zensur Lernen belohnt oder Nicht-Lernen bestraft wird, ist Schüler*innen oft wichtiger als die Frage, welche Tätigkeit sie (außerhalb und nach der Schule) ausüben und welche Fähigkeiten sie dafür erwerben möchten.

Zwar ist das Lernen in beiden Fällen extrinsisch motiviert, aber durchaus unterschiedlich stark fremdbestimmt. Auf der Skala der Selbstbestimmung von Edward Deci und Richard Ryan befindet sich das Lernen für Zensuren auf der zweituntersten Stufe (externale Verhaltensregulation). Wird dagegen wegen der Fähigkeiten gelernt, die man gerne hätte, dann ist die zweithöchste Stufe erreicht (integrierte Verhaltensregulation). Noch selbstbestimmter – nämlich intrinsisch motiviert – wäre das Lernen nur, wenn es selbst – unabhängig vom Nutzen des Gelernten – Spaß machen würde (vgl. Deci/Ryan 2017).

organisation

Auch wenn im Pflicht­unter­richt durch Binnen­diffe­ren­zie­rung und per­missi­ven Erzie­hungs­stil Wahl­situationen geschaffen werden können, ist eine optimale Förderung nachhaltigen Erwerbs von Fähigkeiten für selbst gewählte Tätigkeiten nur auf der organisatorischen Ebene zu erreichen: durch freiwillige bewertungsfreie Lernangebote. Eine allgemeinbildende Schule, die sowohl Orientierung als auch Kompetenzerwerb ermöglichen will, sollte also nach Möglichkeit beides vorhalten: Pflichtunterricht und Wahlangebot.

Hier stellt sich das Problem, dass die staatlichen Schulen in Deutschland keine gesonderten Ressourcen für Ensemblearbeit oder gar Instrumentalunterricht erhalten. Während der in den Stundentafeln vorgesehenen Pflicht- und Wahlpflichtunterricht mit den erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet und auch in der Raumplanung berücksichtigt wird, werden Wahlangebote (wenn überhaupt) aus dem Etat finanziert, der den Schulen zur freien Verfügung zugewiesen wird. Die allgemeinbildende Schule wird daher in der Regel mit außerschulischen Bildungsanbietern kooperieren müssen, z. B. mit Musikschulen, die ausgebildete Gesangs-, Instrumental- und Tanzpädagog*innen zur Verfügung stellen können, oder mit Vereinen, die Chöre, Orchester oder Bands betreiben.

Der durch den „PISA-Schock“ ausgelöste Trend zur Ganztagsschule scheint einen Weg zur Lösung des Ressourcenproblems zu eröffnen. Auch der Erziehungswissenschaftler Aladin El-Mafaalani schlägt bei seinen Überlegungen zur Verringerung von Bildungsbenachteiligung im deutschen Schulwesen vor, das Angebot der Musikschulen in die allgemeinbildende Schule zu integrieren: „Die Möglichkeit, ein Musikinstrument zu beherrschen, sollte allen Kindern ermöglicht werden, denn kaum etwas ist derart ungleich verteilt wie Musikunterricht. Die Tatsache, dass sowohl Musikschulen als auch Sportvereine zunehmend Nachwuchsprobleme haben – auch weil Kinder und Jugendliche immer länger im Ganztag verweilen –, macht die Überlegung notwendig, ob diese Freizeitaktivitäten nicht strukturell in das Schulleben verlagert werden sollten“ (El-Mafaalani 2021, S. 225).

Wie man unter den gegenwärtigen Bedingungen ein vielfältiges Wahlangebot organisieren kann, habe ich schon am Beispiel des „Erweiterten Musikunterrichts“ einer Hamburger Stadtteilschule vorgeführt (siehe B-04). Wie man aber auch innerhalb des Pflichtunterrichts selbstbestimmtes Lernen ermöglichen kann, zeigt das folgende Beispiel.

Gitarre

Eine Ham­bur­ger Stadt­teil­schule hat ihren Musik­unter­richt ganz darauf aus­gerich­tet, selbst­bestimm­tes Lernen zu fördern. Die Schüler*­innen werden schritt­weise darauf vor­berei­tet, sich in der 10. Klasse im Rahmen einer Musik-Werkstatt selbst gewählte Kompetenzen anzueignen.

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Daumen

2.6 Aufgaben des Musikunterrichts

Bis hierher habe ich dem Schulfach Musik zwei Aufgaben zugewiesen: Es soll den Schüler*innen im Pflichtunterricht bei der Auswahl musikalischer Tätigkeiten helfen, und es soll sie durch ein Wahlangebot beim Erwerb der entsprechenden Kompetenzen unterstützen. Musikunterricht kann aber noch mehr leisten. Abgesehen von einer Vielzahl fachübergreifender Lernprozesse, auf die ich hier nicht eingehen will (soziales Lernen, Sprachförderung, Medienerziehung usw.) gibt es noch drei fachspezifische Aufgaben. Ich nenne sie „Orientierung als Erfahrungshintergrund“, „Erwerb von Zeitfensterkompetenzen“ und „Erwerb von unverzichtbaren Kompetenzen“, und sie gehören – zusammen mit „Orientierung als Entscheidungshilfe“ – in den Pflichtunterricht.

ziele

Mit „Zeit­fenster“ meine ich das, was man in der Ent­wick­lungs­psycho­logie „sensible Phase“ oder „kriti­sche Periode“ nennt (vgl. Braun 2012, S. 11ff.): bestimmte Zeitabschnitte in der menschlichen Entwicklung, in denen bestimmte Fähigkeiten leichter erworben werden können als davor und danach. Gut untersucht sind solche Zeitfenster z. B. für die Entwicklung des räumlichen Sehens und für den Spracherwerb, im musikalischen Bereich auch für das absolute Gehör. Es deutet aber einiges darauf hin, dass zu diesen Zeitfensterkompetenzen auch die sensorischen und motorischen Fähigkeiten gehören, die man zum Singen braucht: Erkennen von Tonhöhen, Abgleichen mit einem Tonsystem, Erzeugen von Tönen mit dem Stimmapparat, Nutzung von Resonanzräumen usw. (vgl. Bojack-Weber 2012, S. 16). Eine andere Zeitfensterkompetenz dürfte das Tanzen bzw. rhythmische Bewegung sein. Hier geht es um das Heraushören von Metrum und Rhythmus, das Umsetzen in Bewegung usw. (vgl. Spitzer 2002, S. 202ff.). Auch wenn wissenschaftliche Belege dafür noch fehlen, muss man davon ausgehen, dass diese – und möglicherweise noch andere – Fähigkeiten etwa ab Eintritt der Pubertät nur noch mit großer Mühe erworben werden können. Für den Musikunterricht der Grundschule und der ersten Jahrgänge der weiterführenden Schulen bedeutet dies, dass man es nicht den Kindern überlassen darf, ob sie singen und tanzen wollen. Würde man darauf warten, dass sie Lust dazu bekommen, wäre es möglicherweise zu spät und sie würden es nicht mehr richtig lernen. Deshalb muss man durch motivierende Liedauswahl, attraktive Bewegungsübungen usw. dafür sorgen, dass genug musiziert und nachhaltig gelernt wird – nach dem Motto „jetzt oder nie“. Singen und Rhythmuslernen gehören also in den Klassen 1 bis 6 zum Pflichtprogramm. Etwa ab Klasse 7 kann man es dann den Schüler*innen überlassen, ob sie ihre Fähigkeiten in diesen Bereichen ausbauen und z. B. im Chor singen, Schlagzeugunterricht nehmen oder Tanzen lernen wollen.

Wie ein Blick in die gängigen Schulbücher zeigt, ist es allgemein üblich, in den ersten Schuljahren viel Wert auf Singen, Rhythmus und Bewegung zu legen. Auch die Vertreter des Aufbauenden Musikunterrichts messen diesen Bereichen besondere Bedeutung bei und verweisen als Beispiel und Modell für den „Aufbau musikalischer Fähigkeiten“ auf „Music Step by Step“, einen Lehrgang für die Sekundarstufe I. Hier werden Übungen zu „metrorhythmischer“ und „tonaler und vokaler Kompetenz“ angeboten. Allerdings beschränken sich die Autoren nicht auf sensorische und motorische Fähigkeiten, sondern beziehen einen Musiktheorie-Lehrgang ein, womit sie über den Bereich der Zeitfenster-Kompetenzen hinausgehen (vgl. Jank 2013, S. 128ff.; Jank/Schmidt-Oberländer 2010).

notenlesen

Es för­dert die Moti­va­tion, wenn das Singen in für die Schüler*­innen be­deut­same Kon­texte ein­gebettet wird: Morgen­kreis, Geburts­tags­feier, Schul­fest usw. Der Tierliederadventskalender verbindet das Singen mit der Vorfreude auf Weihnachten (oder auch ein anderes Ereignis). Außerdem unterstützt er den Schrifterwerb – hinter jedem Fensterchen verbirgt sich ein Tier, das einen der Buchstaben des Alphabets repräsentiert und zu dem wiederum ein lustiges Lied gehört.

bach

Rhythmus­lernen darf nicht ver­wechselt werden mit dem Er­lernen der Rhythmus­notation. Zwar sollten die Schüler*­innen durchaus schrift­liche Mittel zum Fest­halten von Rhyth­men kennen­lernen (z. B. Taktstrich, Notenwerte). Doch sowohl das Erkennen als auch das Ausführen von Rhythmen erlernt man wirksamer mit Hilfe von Merkwörtern. Die sechs „Rhythmus-Tiere“ sind sprachliche Analogien zu den sechs Rhythmuspatterns, die sich im Zwei-Viertel-Takt aus Halben, Vierteln und Achteln bilden lassen.

Es gibt noch eine zweite Art von Kompetenzen, die im Pflichtunterricht erworben werden sollten. Ich nenne sie „unverzichtbare Kompetenzen“. Manche Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen sind so wichtig für das Lebensglück des Individuums oder für ein gedeihliches Zusammenleben in der Gesellschaft, dass wir alles daransetzen sollten, unsere Schüler*innen zum Erwerb dieser Kompetenzen zu motivieren. Im Fach Musik gibt es sicher nichts, was so unverzichtbar wäre wie Lesen und Schreiben oder die Grundrechenarten. Doch die Fähigkeit zur kritischen Beurteilung von Musik, Resistenz gegen Manipulation durch Musik, Toleranz gegenüber fremdartiger und ungewohnter Musik und Freude an der Vielfalt der Musik sind immerhin Kompetenzen, die allen nützen, unabhängig von den jeweiligen musikalischen Vorlieben. Daher ist es legitim, den Unterricht, an dem alle teilnehmen müssen, dafür zu verwenden, die entsprechenden Lernprozesse in Gang zu setzen.

Ich kann hier keinen Kanon solcher unverzichtbaren Kompetenzen vorlegen. Was Musiklehrer*innen oder ihre Auftraggeber für unerlässlich halten, hängt von der jeweiligen Situation ab – es ist von Ort zu Ort verschieden und ändert sich von Zeit zu Zeit. Daher muss es Gegenstand der Diskussion aller Beteiligten sein (auch der Staat redet mit – durch das Sprachrohr der Lehrpläne und Richtlinien). Fest steht nur, dass es immer unverzichtbare Bildungsinhalte geben wird, – „die ‘Ich-Soll-Seite’ können wir nicht einfach abschaffen“ (Reich 2006, S. 60).

thinkfit

Bei diesem Bei­spiel geht den Er­werb von Kritik­fähig­keit. Bei der Pro­duk­tion einer Werbe­musik, der Auseinandersetzung mit den Aussagen eines Music Supervisors und der Analyse von Werbespots machen sich die Schüler*innen Funktion und Wirkungsweise von Werbemusik bewusst und werden zu kritischer Reflexion angeregt.

protest

Die Analyse der politischen Funktionen von Musik und die Untersuchung der Indienstnahme von Musik durch unterschiedlichste Akteure fördern die Fähigkeit, selbstständig und kritisch zu denken. Außerdem ermöglichen sie die Auseinandersetzung mit grundlegenden Wertvorstellungen wie Toleranz und Solidarität.

Der Pflichtunterricht hat noch eine vierte Aufgabe. Schüler*innen Orientierung zu geben, d. h. sie mit verschiedenen Arten von Musik bekanntzumachen, dient nicht nur dazu, ihnen bei der Entscheidung für oder gegen musikalische Tätigkeiten zu helfen, sondern erweitert auch ihren Erfahrungshintergrund. Je mehr sie sich mit unterschiedlichen musikalischen Möglichkeiten auseinandersetzen, musikalische Verhaltensweisen ausprobieren, Musik aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen kennenlernen und unter verschiedenen Aspekten betrachten, desto besser und befriedigender werden sie ihren jeweiligen musikalischen Tätigkeiten nachgehen können. Natürlich kann man sich auch selbstbestimmt – aus eigenem Antrieb und eigener Neugier – mit der Vielfalt von Musik bekannt machen. Aber nicht jeder ist gleich neugierig und mancher hat seine natürliche Neugier verloren. Deshalb ist es notwendig, im Pflichtunterricht für einen breiten und differenzierten Erfahrungsschatz zu sorgen.

Die Bedeutung von musikbezogener Erfahrung bei den vom schulischen Musikunterricht ermöglichten Bildungsprozessen wird seit langem hervorgehoben. Rudolf Nykrin spricht von „Erschließung von Erfahrung“ und „Kompensation von Erfahrungseinschränkungen“ (Nykrin 1978, S. 130ff.), Werner Jank, Hilbert Meyer und Thomas Ott von „Ausweitung der ästhetischen Erfahrung“ (Jank/Meyer/Ott 1986, S. 110), Christian Rolle von „Inszenierung ästhetischer Erfahrungsräume“ (Rolle 1999, S. 161ff.). Am nächsten kommen meine Vorstellungen von „Erweiterung des Erfahrungshintergrunds“ dem, was Hermann J. Kaiser unter „musikalischer Bildung“ versteht: dass man sich „ein immer wieder überholbares, erweiterungsfähiges und vertiefungsfähiges Bild von Musik entwickelt“ (Kaiser 2018, S. 399). Dass dabei „Tentativität“ – die „tentative, experimentelle, umspielende, erprobende […] Erfahrungsverarbeitung“ – eine zentrale Rolle spielt, arbeitet die strukturale Bildungstheorie von Benjamin Jörissen und Winfried Marotzki heraus (Jörissen/Marotzki 2009, S. 21).

tanz

Dieses Bei­spiel zeigt, wie man Grund­schüler*­innen mit afri­kani­scher Musik bekannt machen kann, indem man sie ein Lied aus Kamerun (Zangalewa) und dessen Pop-Bearbeitung (Waka Waka) singen, tanzen und hören lässt und ihnen etwas über den geographischen und historischen Kontext dieses Liedes erzählt.

elefant

Hier machen die Schüler*­innen der Beob­ach­tungs­stufe prak­tische Erfahrungen mit barocker Kirchenmusik – dem Vorspiel zum Te Deum von Marc-Antoine Charpentier – und lernen am Beispiel des Rondos das Phänomen Form kennen.

wolferl

Die Schüler*­innen lernen die bekann­testen „Klas­sik“-Kom­ponisten und -kompo­sitionen und die mit ihnen verbundenen Klischees kennen, erhalten Informationen über die soziale Situation von Musikern in der Vergangenheit und setzen sich mit dem „klassischen“ Bildungskanon auseinander.

schüler

Bei diesem Beispiel setzen sich die Schüler*­innen der gymna­sialen Ober­stufe mit ihren Hörgewohnheiten auseinander und überprüfen im Selbstversuch die Hypothese, dass musikalische Vorlieben mit musikalischen Erfahrungen zusammenhängen. Als Beispiel für fremdartige Musik dienen drei kurze Stücke von Anton Webern.

Das Fach Musik an der allgemeinbildenden Schule hat also insgesamt fünf Aufgaben, von denen vier in fremdbestimmten Situationen zu bewältigen sind – nämlich im Pflicht- und Wahlpflichtunterricht:

Die fünfte Aufgabe benötigt Situationen, in denen selbstbestimmtes Lernen stattfinden kann. Das ist am ehesten im Wahlbereich der Fall:

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Daumen

2.7 Inhalte des Musikunterrichts

Im Zentrum fast aller didaktischen Modelle steht die Frage nach den Unterrichtsinhalten: Was soll gelehrt und was soll gelernt werden? Aus tätigkeitsorientierter Perspektive geht es darum, welche Tätigkeiten die Schüler*innen kennenlernen oder sich aneignen und welche Kenntnisse und Fähigkeiten sie dafür vorläufig oder nachhaltig erwerben sollen.

Die Begriffe „Inhalt“, „Gegenstand“, „Thema“ und „Sache“ werden in der Didaktik unterschiedlich definiert und verwendet, und es gibt auch Überschneidungen mit den Begriffen „Ziel“, „Intention“ und „Methode“ (vgl. Meyer 1995, S. 632ff.). Ich meine mit „Unterrichtsinhalt“ die Gegenstände, auf die sich die Lerntätigkeit der Schüler*innen richtet bzw. richten soll. Dazu zählen:

Mein Konzept räumt den Schüler*innen große Freiräume für eigene Inhaltsentscheidungen ein. Im Folgenden geht es aber um die Situationen, in denen die Musiklehrer*in selbst die Auswahl treffen muss. Das ist z. B. der Fall, wenn sie ihre Schüler*innen mit unbekannter Musik konfrontieren will, um ihren Erfahrungshorizont zu erweitern, oder wenn sie ihnen Wahlmöglichkeiten für nachhaltigen Kompetenzerwerb anbietet.

In der allgemeinen Didaktik kennt man eine große Zahl von Gesichtspunkten, die bei der Inhaltsauswahl zu beachten sind. Ich will hier nur auf sieben Auswahlkriterien eingehen, die in direktem Zusammenhang mit der im vorangegangenen Kapitel erläuterten Aufgabenbeschreibung des Musikunterrichts stehen.

Drei dieser Kriterien - Anwendungsbezug, Exemplarität und Polyvalenz - sind sachimmanent, d. h. sie betreffen die Relationen zwischen den Gegen­ständen, auf die sich die Lerntätigkeit richten soll. Dabei bleiben die am Unterricht beteiligten Personen zunächst außer Betracht.

a) Anwendungsbezug

Anwendungsbezogen ist die Inhaltsauswahl, wenn sie den Gebrauchswert von Kenntnissen und Fähigkeiten dadurch erfahrbar macht, dass sie Operationen und Handlungen in den Kontext von Tätigkeiten einbettet. Wenn man z. B. den Schüler*innen nicht nur das Lesen der Noten im Violinschlüsselsystem beibringt, sondern sie diese Fähigkeit auch beim Xylophonspiel anwenden lässt und sie darüber informiert, in welchen Berufen man Noten lesen können muss, dann entsteht ein Gesamtbild, in dem der Beitrag von Operationen zu Handlungen und Tätigkeiten sichtbar wird.

Der Begriff „Anwendung“ wird in der Didaktik unterschiedlich verwendet. Seit der Bildungsreform der 1970er Jahre gilt Anwendung als „Anforderungsbereich“, also als kognitive Fähigkeit, die in der Schule zu erwerben und in Prüfungen nachzuweisen ist: Die Schüler*innen sollen Gelerntes in neuen Zusammenhängen anwenden können (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S. 305, KMK 2005, S. 11). Für Hans Aebli dagegen ist das Anwenden eine lernpsychologische Notwendigkeit und deshalb eine der „Grundformen des Lehrens“ (Aebli 2001, S. 351ff.): Die Lehrer*in soll die Schüler*innen anleiten, Begriffe und Denkoperationen auf neue Erscheinungen anzuwenden.

Ich meine mit „Anwendungsbezug“ weder das eine noch das andere, weder ein Lernziel noch eine Lehrmethode, sondern eine Qualität von Lehr-/Lern-Inhalten: Sie sollen so ausgewählt, zusammengestellt und aufeinander bezogen werden, dass die Schüler*innen sehen können, von wem und wofür wen bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten gebraucht werden. Das kann in zwei Richtungen geschehen: Man kann von einer Operation ausgehen (z. B. dem Notenlesen) und den Schüler*innen zeigen, bei welchen Handlungen und Tätigkeiten sie benutzt wird. Man kann aber auch von einer Tätigkeit ausgehen (z. B. der Tätigkeit der Geiger*in) und die Schüler*innen mit den zugehörigen Handlungen und Operationen bekanntmachen (indem man sie über den Werdegang einer berühmten Geiger*in, z. B. von David Garrett, über die Aufgaben einer Geiger*in, über das Instrument Violine usw. informiert).

b) Exemplarität

Exemplarisch ist die Inhaltsauswahl, wenn die einzelnen Inhalte jeweils als typische Beispiele stellvertretend für eine Mehrzahl von Inhalten stehen können und dabei so unterschiedlich sind, dass insgesamt ein größerer Gegenstandsbereich abgedeckt wird. Typisch für die Gattung Instrumentalmusiker*in sind z. B. die Trompeter*in, die Pianist*in und die Schlagzeuger*in, Rondo, Blues-Schema und Kanon sind repräsentative Beispiele für das Phänomen musikalische Form.

Das didaktische Prinzip des exemplarischen Lernens wird seit den 1950er Jahren diskutiert. Martin Wagenschein forderte „Mut zur Lücke“ und „Mut zur Gründlichkeit“. Es ging ihm nicht nur um eine dem Zeitbudget angemessene Reduzierung des Lernstoffs, sondern vor allem um die Intensivierung der Auseinandersetzung mit den Unterrichtsinhalten (Wagenschein 1999, S. 30). Wolfgang Klafki erklärte die Exemplarität zu einem der fünf Hauptkriterien für die Inhaltsauswahl. Im Besonderen solle das Allgemeine sichtbar werden (Klafki 1974, S. 134).

Aus tätigkeitstheoretischer Sicht lassen sich mehrere Konstellationen von Exemplarität unterscheiden:

Die Musikdidaktik hat eine Reihe von Kategoriensysteme entwickelt, die dabei helfen können, keine dieser Möglichkeiten zu übersehen: die „musikalischen Umgangsweisen“ (Dankmar Venus 1969, S. 21f.), die in vielen Lehrplänen genannten „Betrachtungsdimensionen“ (z. B. Freie und Hansestadt Hamburg 2003, S. 6f.) oder neuerdings die „Kompetenzmodelle“ (z. B. Niessen u. a. 2008). Darüberhinaus sollten sich die Beispiele auch in ihrer geschichtlichen, soziologischen und geographischen Herkunft unterscheiden. Dabei kann auch solche Musik zur Ausdifferenzierung des „Bildes von Musik“ beitragen, die unter den Gesichtspunkten Kompetenzerwerb und Entscheidungshilfe wenig geeignet ist. Das japanische Koto z. B. ist in Deutschland so wenig verbreitet, dass es keinen Sinn hat, Schüler zum Erlernen dieses Instruments zu ermutigen. Auch für die Musik von Bushido und Fler werden viele Lehrer*innen wegen problematischer Texte nicht werben mögen. Dennoch kann die Beschäftigung sowohl mit Koto-Musik (als Beispiel für außereuropäische Kunstmusik) als auch mit Aggro Berlin (als Beispiel für moralisch fragwürdige Musik) den Erfahrungshorizont erweitern.

d) Polyvalenz

Polyvalent sind Kenntnisse und Fähigkeiten, wenn sie nicht nur in einem einzigen Handlungszusammenhang angewendet werden können, sondern vielfältig nutzbar sind und zur Realisierung mehrerer verschiedener Handlungen und Tätigkeiten beitragen können. So hilft z. B. die Fähigkeit, einfache Rhythmuspatterns sprechend, schlagend oder gehend auszuführen, sowohl beim Singen als auch beim Instrumentalspiel und beim Tanzen. Weniger polyvalent ist dagegen die Fähigkeit, Rhythmen zu notieren.

Der Begriff „Polyvalenz“ ist vor allem in der Diskussion um die Ausgestaltung der Lehramtsstudiengänge gebräuchlich. Dort geht es darum, die Absolvent*innen für möglichst viele Tätigkeiten sowohl im schulischen wie im außerschulischen Bereich zu qualifizieren (vgl. Tramm 2001). Aber auch an der allgemeinbildenden Schule gibt man tendenziell polyvalenten Kenntnissen und Fähigkeiten den Vorzug gegenüber Spezialwissen. Deswegen nehmen ja „Hauptfächer“ wie Mathematik oder Sprachen im Fächerkanon einen prominenten Platz ein, während den ästhetischen Fächern weniger Bedeutung beigemessen wird, - mathematische und sprachliche Fähigkeiten sind in unserer Gesellschaft vielfältiger nutzbar als musikalische Fähigkeiten. Umso wichtiger ist es, das knappe Zeitbudget des Faches Musik für möglichst polyvalente Unterrichtsinhalte zu nutzen, d. h. vorrangig Operationen zu wählen, die bei möglichst vielen Handlungen Verwendung finden, und Handlungen, die zu möglichst vielen Tätigkeiten beitragen können.

Zu diesen drei sachimmanenten Aspekten kommen nun drei schülerbezogene Kriterien. Sie betreffen die Relation zwischen dem, was gelernt werden soll, und denjenigen, die es lernen sollen. Unterrichtsinhalte können nämlich in Bezug auf die jeweilige Lerngruppe mehr oder weniger relevant, mehr oder weniger erreichbar und mehr oder weniger unaufschiebbar sein. Das bedeutet, dass eine optimale Inhaltsauswahl nur bei Kenntnis der Wünsche und Möglichkeiten der Schüler*innen gelingen kann.

Mit dem Problem, ohne Kenntnis der zu unterrichtenden Schüler*innen eine Inhaltsauswahl treffen zu müssen, haben Schulbuchautor*innen zu kämpfen. Sie differenzieren zwar zwischen Klassenstufen und Schulformen, wissen aber nicht, welche Interessen und Fähigkeiten die Schüler*innen haben, die ihr Schulbuch irgendwann in die Hand bekommen. Verantwortungsvolle Musiklehrer*innen unterrichten daher nicht „nach Buch“, sondern benutzen Schulbücher als Steinbruch für Unterrichtsmaterialien und Unterrichtsideen (vgl. Jünger 2004, S. 38).

d) Relevanz

Relevant sind Unterrichtsinhalte für die jeweiligen Schüler*innen, wenn sie aus einem bestimmten Grund bedeutsam und wichtig für sie sind. Solch ein Grund kann ein bereits vorhandenes Interesse sein, das die Musiklehrer*in erkennt und bedient, aber auch ein Interesse, das die Musiklehrer*in erst neu weckt. Beispielsweise haben Kenntnisse über die Biografien von Popstars für viele Jugendliche von vornherein einen gewissen Gebrauchswert. Aber auch auf Mozarts Leben kann man Jugendliche neugierig machen, indem man sein Wunderkind-Schicksal mit dem von Michael Jackson vergleicht.

Andreas Krapp unterscheidet das „individuelle Interesse“ als relativ stabiles Merkmal einer Person vom „situationalen Interesse“, das von einem interessanten Gegenstand spontan ausgelöst wird (Krapp 1992, S. 748f.). Relevant für Schüler*innen können Unterrichtsinhalte also aus zwei Gründen sein: entweder weil sie auf vorhandene Interessen stoßen (z. B. die Vorliebe für eine bestimmte Musikrichtung), an frühere Erlebnissen der Schüler*innen anknüpfen (z. B. eine Auslandsreise), mit der Lebenssituation der Schüler*innen zu tun haben (z. B. Herkunft der Eltern) usw. oder aber weil sie die Neugier der Schüler*innen auslösen (z. B. durch eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte). Welche Methoden dabei helfen, das Interesse an Unterrichtsinhalten zu wecken, wird im folgenden Kapitel 2. 8. erläutert.

Natürlich sind Unterrichtsinhalte auch für die Musiklehrer*in von unterschiedlicher Relevanz. Doch anders als bei den Schüler*innen ist nicht ausschlaggebend, was sie persönlich interessant findet, sondern was nach ihrer Einschätzung gut für ihre Schüler*innen ist. Diesen Aspekt nenne ich „Unverzichtbarkeit“ und widme ihm einen eigenen Platz in der Liste der Auswahlkriterien (s. u.).

e) Erreichbarkeit

Erreichbar sind Tätigkeiten für die jeweiligen Schüler*innen, wenn sie sie nicht überfordern. Das betrifft nicht nur die physischen und psychischen Anforderungen, sondern auch den organisatorischen und finanziellen Aufwand, der mit Aneignung und Ausübung der Tätigkeit verbunden ist. Für die meisten Schüler*innen ist z. B. Gitarren- oder Schlagzeugunterricht und das Spielen in einer Band eher im Bereich des Möglichen als das Erlernen der Konzertharfe.

Dass schulische Anforderungen die Schüler*innen weder über- noch unterfordern sollen, ist eine Selbstverständlichkeit. Andreas Helmke z. B. bezeichnet „Passung“ als „Schlüsselmerkmal“, „Metaprinzip“ und „Gütekriterium“. Allerdings geht es ihm (wie den meisten Didaktiker*innen) nur um die „Anpassung der Schwierigkeit und des Tempos an die jeweilige Lernsituation und die Lernvoraussetzungen der Schüler(gruppen)“ (Helmke 2006, S. 45). Die Frage, ob die Tätigkeiten, auf die die Schule vorbereitet, für die Schüler*innen nach und außerhalb der Schule überhaupt in Frage kommen sind, wird selten gestellt.

Lediglich in der Freizeitpädagogik werden die Zugangsmöglichkeiten zu Freizeitbeschäftigungen diskutiert. Für Horst W. Opaschowski z. B. ist „Erreichbarkeit“ ein „Leitprinzip“ für die Auswahl und Gestaltung von außerschulischen Angeboten. Dabei unterscheidet er „zwischen einer räumlichen (z.B. Wohnungsnähe), einer zeitlichen (z.B. zeitliche Orientierung an der Zielgruppe), einer informatorischen (z.B. Bekanntheitsgrad), einer motivationalen (z.B. Orientierung an Neigungen der Zielgruppe) und einer aktivitätsbezogenen Erreichbarkeit (z. B. Voraussetzungslosigkeit)“ (Opaschowski 1996, S. 205).

Das lässt sich auf die außerschulischen Tätigkeiten, auf die der Musikunterricht vorbereiten soll und die ja überwiegend Freizeittätigkeiten sind, übertragen: Sowohl im Hinblick auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit als auch in Bezug auf die gegebenen Rahmenbedingungen (Wohnort, kulturelle Prägung, Kosten usw.) sollte es im Bereich des Möglichen sein, dass die Schüler*innen sie in Zukunft ausüben werden. Falsch wäre es allerdings, vorschnell auf Lernangebote zu verzichten. Auch wenn wohl nur wenige Schüler*innen sich z. B. für den Besuch von Ballett-Aufführungen begeistern werden, sollten sie diese Möglichkeit doch kennenlernen. Auswahlkriterien (s. u.).

f) Unaufschiebbarkeit

Unaufschiebbar sind Lernprozesse, die den jeweiligen Schüler*innen bei längerem Zuwarten nur noch teilweise oder gar nicht mehr möglich wären, die aber zu wichtig sind, als dass man auf sie verzichten könnte. Singen ist z. B. bis zur 6. Klasse eine vordringliche Aufgabe des Musikunterrichts, weil es mit Eintritt der Pubertät deutlich schwieriger wird, sich die nötigen Fähigkeiten anzueignen. Aufschiebbar ist dagegen das Erlernen der Notenschrift - dafür ist es nie zu spät.

Von den Zeitfenster-Kompetenzen, für deren Erwerb es eine sensible Phase gibt, war im vorangegangenen Kapitel schon die Rede: Singen und rhythmische Bewegung dürfen in Kindergarten, Grundschule und Beobachtungsstufe nicht vernachlässigt werden, wenn man den Zugang zu den damit verbundenen Tätigkeiten offenhalten will, und je näher das kritische Alter (ca. 13 Jahre) rückt, desto dringender ist es geboten, Versäumtes nachzuholen.

Aber auch das nahende Ende des Musikunterrichts sollte Anlass sein zu prüfen, welche Kompetenzen die Schüler*innen bis dahin noch nicht erworben haben, obwohl sie für ein gutes Leben notwendig sind. Dieser Zeitpunkt ist nicht für alle Schüler*innen einer Lerngruppe gleich - manche wählen nach Klasse 6 das Fach Musik ab, andere behalten es bis zum Schulabschluss. Wie man methodisch auf diese (und andere Arten von) Heterogenität reagieren kann, wird im nachfolgenden Kapitel thematisiert werden.

Das siebte Auswahlkriterium ist lehrerbezogen. Anders als bei den Schüler*innen geht es hier nicht um persönliche Vorlieben oder Fähigkeiten, sondern um pädagogische Überzeugungen. Zwar ist es nicht verkehrt, wenn die Lehrer*in Inhalte auswählt, bei denen sie sich gut auskennt oder mit denen sie sich gerne beschäftigt, doch vor allem sollte sie sich fragen, was für ihre Schüler*innen so wichtig ist, dass es nicht fehlen darf.

g) Unverzichtbarkeit

Unverzichtbar sind Kenntnisse und Fähigkeiten, wenn sie nach Meinung der Lehrer*in unbedingt erforderlich für ein gelingendes Leben sind. Manche Lehrer*innen sind z. B. der Meinung, dass jeder Mensch die Notenschrift beherrschen sollte, und verwenden viel Mühe darauf, das Notenlesen zu üben. Andere halten es für wichtiger, dass ihre Schüler*innen kulturelle Vielfalt schätzen lernen, und nutzen die Zeit lieber dafür, sie mit fremdartiger Musik konfrontieren.

Anders als die Unaufschiebbarkeit lässt sich die Unverzichtbarkeit von Unterrichtsinhalten nicht mit empirischen Tatsachen belegen. Bei der Frage, was man für ein gutes Leben braucht, kann man verschiedener Meinung sein. Notwendig ist daher ein kontinuierlicher Diskurs, in dem immer wieder neu ausgehandelt wird, welche Lern- und Entwicklungsaufgaben als verbindlich für alle gelten sollen. Das muss in der Erziehungswissenschaft ebenso geschehen wie vor Ort in den Schulen.

Auch die Bildungspolitik beteiligt sich an diesem Prozess - vor allem auf dem Wege über die staatlichen Lehrpläne und Richtlinien, die den Lehrer*innen mehr oder weniger detailliert vorgeben, was und wie sie zu unterrichten haben, die ihnen aber auch einen nicht unbeträchtlichen Gestaltungsspielraum lassen. Das Hamburgische Schulgesetz z. B. bestimmt, dass Lehrer*innen „in eigener Verantwortung“ unterrichten sollen, solange sie im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bleiben (Hamburgisches Schulgesetz 2021, §88,2), und das Hessische Schulgesetz legt fest, dass die „pädagogische Freiheit“ nicht unnötig eingeengt werden darf (Hessisches Schulgesetz 2018, § 86,2). Wolfgang Perschel nennt die pädagogische Freiheit ein „(in hohem Maße vorhandenes, nicht immer voll wahrgenommenes) Faktum“ (Perschel , S. 649). Nur nach dem Buchstaben des Lehrplans zu arbeiten wäre ebenso falsch wie ohne Rücksicht auf Kolleg*innen und Fachwelt zu machen, wozu man gerade Lust hat.

inhalte

Die sieben Kriterien sind von unterschiedlicher Bedeutung für die Erfüllung der im vorangegangenen Kapitel erläuterten fünf Aufgaben des Musikunterrichts. Wenn der Unterricht z. B. bei der Entscheidung für oder gegen musikalische Tätigkeiten helfen soll (Aufgabe 1), ist der Anwendungsbezug besonders wichtig. Wer vor der Frage steht, ob er Gitarre lernen soll, muss nicht nur wissen, wie man dieses Instrument spielt, sondern auch für welche Musik, welche Ensembles und welche sozialen Kontexte es geeignet ist. Außerdem muss die Lehrer*in die Erreichbarkeit der angebotenen Möglichkeiten berücksichtigen und auf Tätigkeiten verzichten, die für die jeweiligen Schüler*innen aus dem einen oder anderen Grund von vornherein nicht in Frage kommen.

Von großer Bedeutung sind diese beiden Kriterien auch dann noch, wenn eine Entscheidung stattgefunden hat und die Schüler*innen sich die selbst gewählte Tätigkeit aneignen wollen (Aufgabe 5). Auch hier muss die Lehrer*in darauf achten, dass ihre Inhaltsauswahl anwendungsbezogen und erreichbar ist. Es genügt nicht, den Teilnehmer*innen des Gitarrenkurses Akkordgriffe beizubringen. Vielmehr müssen die Schüler*innen auch lernen, Lieder mit Akkorden zu begleiten, in einer Band zusammenzuspielen, in einem Konzert aufzutreten usw. Außerdem muss die Lehrer*in darauf achten, dass ihre Lernangebote den Möglichkeiten der Schüler*innen angemessen und die angestrebten Ziele erreichbar sind. Als drittes Kriterium ist aber auch die Polyvalenz der erworbenen Fähigkeiten wichtig: Diese sollten nicht zu speziell, sondern möglichst vielfältig anwendbar sein. Gitarristen z. B. haben mehr davon, wenn sie Lieder mit Akkorden begleiten, als wenn sie die Melodie zupfen können.

Keine große Rolle spielen Anwendungsbezug, Erreichbarkeit und Polyvalenz für die Erweiterung des Erfahrungshorizonts der Schüler*innen (Aufgabe 2). Im Gegenteil: Das „Bild von Musik“, das der Musikunterricht bei den Schüler*innen entstehen lässt, wäre unvollständig, wenn es nur das „Normale“ enthielte und das Besondere ausklammern würde. Außer der Gitarre muss man auch Mandoline, Harfe und Sitar kennenlernen. Sehr wichtig sind jedoch zwei andere Kriterien. Zum einen ist auf Exemplarität zu achten. Die Lehrer*in sollte die Inhalte möglichst breit streuen und möglichst alle Möglichkeiten musikalischer Aktivitäten, Werkzeuge und Produkte durch typische Beispiele sichtbar machen. So müssen außer den Zupfinstrumenten auch andere Instrumentengruppen, andere Musizierformen, andere Umgangsformen mit Musik usw. vorkommen. Zum anderen ist es wichtig, dass die Unterrichtsinhalte für die Schüler*innen in irgendeiner Weise relevant (interessant, attraktiv oder wichtig) sind.

Auf Relevanz ist auch beim Erwerb von Zeitfensterkompetenzen (Aufgabe 3) und unverzichtbaren Kompetenzen (Aufgabe 4) zu achten. Immer wenn die Lehrer*in entscheidet, was im Unterricht geschieht, muss sie auch dafür sorgen, dass die Schüler*innen entsprechend motiviert sind. Nur wo die Schüler*innen selbst die Wahl haben (z. B. bei Aufgabe 5), kann man davon ausgehen, dass sie sich für die Inhalte entscheiden werden, die für sie bedeutsam sind. Ansonsten ist hier wie überall, wo Kenntnisse und Fähigkeiten nachhaltig erworben werden sollen, die Erreichbarkeit des zu Lernenden von Bedeutung.

bongos

Wie die Anwen­dung der sieben Krite­rien aus­sehen kann, zeigt die Inhalts­auswahl für acht Doppel­stunden in einer 6. Klasse. Die Schüler*innen beschäftigen sich singend, tanzen und spielend mit zwei Liedern („Un poquito cantas“ und „Amazing Grace“) und werden mit einer Reihe von Instrumenten bekannt gemacht. Damit werden vier der fünf Aufgaben des Musikunterrichts bedient.

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Daumen

2.8 Methoden des Musikunterrichts

Auch in einem tätigkeitsorientierten Musikunterricht gilt, dass man den Schüler*innen möglichst oft Gelegenheit zum Handeln geben, sie zur Reflexion ihrer Erfahrungen ermutigen und ihnen dabei möglichst viel Freiraum für eigene Entscheidungen einräumen soll. Insofern sind alle Methoden geeignet, die man als handlungs-, erfahrungs- und schülerorientiert bezeichnen kann: Projektarbeit, Freiarbeit, Planspiel usw.

Der Begriff „Handlungsorientierter Unterricht“ ist „ein recht grobes Verständigungskürzel für einen an den Rändern unscharfen Methodenkomplex“ (Gudjons 2014, S. 8). Manche Lehrer*in spricht schon von „Handlungsorientierung“, wenn sie die Schüler*innen etwas „tun“ lässt (sei es mit der Hand wie beim Instrumentalspiel oder mit einem anderen Körperteil wie beim Tanzen). Doch von „Handeln“ im Sinne gängiger Handlungstheorien kann erst die Rede sein, wenn die Schüler*innen sich selbst ein Ziel setzen, den Weg dahin planen und diesen Plan umsetzen (vgl. z. B. Aebli 1985, S. 182). Ein so verstandener handlungsorientierter Unterricht ermöglicht nach Meinung heutiger Didaktiker (und ich stimme dem zu) ein ganzheitliches (mehrdimensionales) und somit effektiveres Lernen (vgl. z. B. Meyer 1987, S. 402f.; Warwitz/Rudolf 1977, S. 15ff.).

Handeln kann aber nicht nur als Methode, sondern auch als Ziel des Unterrichts verstanden werden (vgl. z. B. Jank/Meyer 1991, S. 356). Aus tätigkeitstheoretischer Perspektive ist das nur folgerichtig: Da man bei Ausübung einer Tätigkeit bestimmte Handlungen durchführen muss, gehört es zur Aneignung von Tätigkeiten, dass man die entsprechenden Handlungskompetenzen erwirbt.

Dass grundsätzlich handlungsorientiert unterrichtet werden soll, bedeutet nicht, dass nur noch handelnd gelernt werden darf. Auch rezeptives Lernen hat eine wichtige Funktion im Musikunterricht. Je nachdem, welche der fünf Aufgaben des Schulfachs in einer konkreten Unterrichtssituation im Vordergrund steht, sind bestimmte methodische Strategien besonders hilfreich.

Aufgabe 1

Wenn es um Orientierung als Entscheidungshilfe geht, wenn also die Schüler*innen in die Lage versetzt werden sollen, sich für oder gegen die Aneignung einer musikalischen Tätigkeit zu entscheiden, dann sollten sie einen möglichst realistischen Eindruck davon erhalten, wie es ist, diese Tätigkeit auszuüben. Daher sind hier die beiden folgenden Herangehensweisen besonders wichtig:

instrumentenbauerin

Ein Unter­richts­projekt ermög­licht Ober­stufen­schüler*­innen die Realbegegnung mit musikalischen Tätigkeiten, die sie näher kennenlernen wollen. Sie besuchen Vertreter*innen ausgewählter Musikberufe, befragen sie und erstellen einen Projektbericht.

Aufgabe 2

Wenn es um Orientierung als Erfahrungshintergrund geht, wenn also die Schüler*innen Erfahrungen mit der Vielfalt musikalischer Tätigkeiten machen sollen, dann muss besondere Aufmerksamkeit den Interessen der Schüler*innen gewidmet werden. Nicht immer kann die Bereitschaft, eine Tätigkeit oder Handlung auszuprobieren, vorausgesetzt werden, und manche Arten von Musik rufen Ablehnung hervor. Um die Schüler*innen zur Auseinandersetzung mit Unbekanntem und Fremdartigem zu motivieren, bedarf es besonderer Bemühungen. Bewährt haben sich dafür zwei Strategien:

Diese beiden Strategien lassen sich von Erkenntnissen der Präferenzforschung ableiten. Dort kennt man im Wesentlichen vier Faktoren, die über die Akzeptanz von Musik entscheiden: Komplexität der Musik, Vertrautheit der Musik, sozialer Einfluss und Kontext (vgl. Niketta 1985). Wer Schüler*innen mit „unpopulärer“ Musik bekannt machen will, muss an diesen Gründen ansetzen. Wenn man aber davon ausgeht, dass sowohl die Komplexität der Musik als auch die Geschmacksurteile des sozialen Umfelds dem Zugriff der Musiklehrer*in entzogen sind, dann bleiben als Ansatzpunkte nur die Vertrautheit der Schüler*innen mit der fraglichen Musik – sie kann durch Gewöhnung hergestellt werden – und der Kontext, in dem sie diese kennenlernen, – er kann so gestaltet werden, dass Neugier entsteht (vgl. Jünger 2008).

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Die Schüler*innen produzieren mit Instrumenten oder am Computer einen Audio-Trailer für den Film "Hobbit". Indem man sie mit Ausschnitten aus Programm- und Theatermusik des 19. Jahrhunderts arbeiten lässt, gewöhnt man sie an das Hören dieser "unpopulären" Musik.

ente

Die Schüler*innen benutzen "Alle meine Entchen" als Thema für eine Fugen­exposition und setzen aus 15 Puzzel­teilen eine Bach-Fuge zusammen. Indem man sie nach denselben Regeln arbeiten lässt, an denen sich "professionelle" Kompo­nis­t*innen orientieren, macht man sie neugierig auf entsprechende Kompositionen der "Profis".

smetana

Indem man die Schüler*innen Teile der sinfonischen Dichtung "Moldau" spielen und tanzen lässt, gewöhnt man sie an romantische Kunstmusik, und indem man sie eine Fluss-Musik erfinden und verschiedene Konzertsituationen vergleichen lässt, macht man sie neugierig auf Smetanas Komposition.

Aufgaben 3 und 4

Wenn es um den Erwerb von Zeitfensterkompetenzen oder unverzichtbaren Kompetenzen geht, wenn also die Schüler*innen sich Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen sollen, weil die Lehrer*in es für notwendig hält, und ohne dass sie die Möglichkeit hatten, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, dann fehlt es oft an der notwendigen Einsicht und Motivation. Hier sind die folgenden methodischen Prinzipien besonders wichtig:

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Beim Sprechen, Singen, Trommeln und Tanzen eines Kanons erweitern die Schüler*innen in spielerischer Form ihre rhythmischen Fähigkeiten. Die Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten, die der Gegenstand bietet, erlaubt es jeder einzelnen Schüler*in, sich so zu beteiligen, wie es ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht.

Aufgabe 5

Wenn es um den Erwerb selbst gewählter Kompetenzen geht, wenn also die Schüler*innen dabei unterstützt werden sollen, sich Tätigkeiten anzueignen für die sie sich entschieden haben, dann steht der nachhaltige Erwerb derjenigen Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund, die man für diese Tätigkeiten benötigt. Dabei sind die folgenden methodischen Prinzipien besonders wichtig:

Schulische Ensembles (Chor, Band, Orchester) führen einen musikalischen Flashmob durch: Am Europatag (9. Mai) singen und spielen sie in einer Fußgängerzone die Europahymne.

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2.9 Evaluation des Musikunterrichts

Zur Tätigkeit der Lehrer*in gehört es, regelmäßig zu überprüfen, ob und wie gut die Schüler*innen das gelernt haben, was sie lernen sollen. Das dient zwei Zwecken:

An allgemeinbildenden Schulen kommt zu diesen beiden Funktionen der Leistungsbewertung noch eine dritte hinzu. Sie haben den Auftrag, die Bewertungen in den einzelnen Schulfächern zu einem Schulabschluss zu verrechnen und den Schüler*innen damit bestimmte Lebenschancen zuzuweisen. Bekanntlich ist das hochproblematisch – vor allem aus zwei Gründen:

Einen Ausweg aus diesem Dilemma böte die institutionelle Trennung von Lernen und Selektion (wie es bereits da geschieht, wo Betriebe oder Hochschulen fachspezifische Eignungstests veranstalten). Solange die Schule aber beides leisten muss, sollten die Lehrer*innen zumindest versuchen, lernförderndes (in der Regel verbales) Feedback und zeugnisrelevante (Zensuren generierende) Prüfungen für die Schüler*innen transparent voneinander zu trennen. Wie man das machen kann, ist Thema einer umfangreichen Ratgeberliteratur (z. B. Paradies/Wester/Greving 2014, Hesse/Latzko 2017).

Nicht nur den Unterschied zwischen Feedback und Prüfung sollten Lehrer*innen im Auge behalten. In einem tätigkeitsorientierten Musikunterricht sind noch weitere Differenzierungen nötig. Eine betrifft den Unterschied zwischen Orientierung und Kompetenz. Wo Schüler*innen tentativ lernen, kann von ihnen nicht erwartet werden, dass die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dauerhaft vorhanden sind. Wo es dagegen um nachhaltiges Lernen geht, kann die Überprüfung auch längere Zeit nach dem Lernprozess stattfinden. Wenn z. B. Grundschüler*innen die Oboe kennenlernen, kann man unmittelbar anschließend testen, ob sie über das Doppelrohrblatt Bescheid wissen. Bei Zehntklässler*innen macht eine solche Prüfung nur dann Sinn, wenn sie Oboe oder Fagott spielen und dieses Wissen brauchen können.

Die staatlichen Lehrpläne machen keinen Unterschied zwischen tentativem und nachhaltigem Lernen. Bayerische Schulen z. B. sollen laut LehrlanPLUS „nachhaltige Bildung“ vermitteln und dafür sorgen, „dass Gelerntes dauerhaft verfügbar“ ist, dass z. B. ab Ende der Grundschulzeit alle Schüler*innen in der Lage sind, „Aussehen, Klang und Spielweise“ von zwei Blas-, zwei Streich-, einem Schlag- und einem Tasteninstrument zu beschreiben (Bayerisches Staatsministerium für Bildung 2014, S. 9, 293f.). Die Erwartung, dass alles, was in der Schule gelernt wird, lebenslang verfügbar ist, ist nicht einlösbar und führt bei Schüler*innen zu Schulangst, bei Lehrer*innen zu schlechtem Gewissen.

Eine weitere Unterscheidung betrifft den Grad der Fremd- bzw. Selbstbestimmung. Wo die Lehrer*in entscheidet, was gelernt werden soll, kann man allen Mitgliedern einer Lerngruppe die gleichen Prüfungsaufgaben stellen. Wo die Schüler*innen die Wahl haben, was sie lernen wollen, muss sich die Lehrer*in die Mühe machen, ihren Lernerfolg individuell zu bewerten. Wenn z. B. alle Grundschüler*innen rhythmische Fähigkeiten erwerben sollen, können ihre Lernergebnisse an einem einheitlichen Maßstab gemessen werden. Wenn dagegen die Schüler*innen sich für unterschiedliche musikalische Tätigkeiten – Gesang, Instrumentalspiel, Tanzen, Musikhören usw. – entschieden haben, brauchen sie jeweils spezifische Rückmeldungen.

Individuelles Feedback ist wesentlich aufwendiger als eine Klassenarbeit für alle. Deshalb ist es für Musiklehrer*innen sehr entlastend, dass die Leistungsbewertung in Wahlkursen in der Regel verbal stattfindet und damit das Problem der Transformation beobachteter Leistungen in einen Zahlenwert entfällt. Allerdings wäre es nicht wünschenswert, die Benotung im Fach Musik generell abzuschaffen. Je mehr fachspezifische Leistungen zu einem Schulabschluss verrechnet werden, desto näher kommt man einer gerechten Gesamtbewertung.

In jedem Fall muss eine Lehrer*in möglichst klare Kriterien haben, an denen sie die Lernerfolge der Schüler*innen und damit auch die Qualität ihres Unterrichts misst. In einem tätigkeitsorientierten Musikunterricht kann sie sich an den fünf Aufgaben orientieren, die ich im Kapitel 2.6 erläutert habe. Sie sollte sich regelmäßig fragen, wie gut sie der jeweiligen Aufgabe nachgekommen ist und wie ihre Schüler*innen die angebotenen Lernchancen jeweils genutzt haben.

Aufgabe 1

In Bezug auf die Entscheidungshilfe ist der Musikunterricht dann erfolgreich, wenn die Schüler*innen einen Überblick über die ihnen offenstehenden Möglichkeiten bekommen und sich für oder gegen die angebotenen musikalischen Tätigkeiten entscheiden. Es geht also um einen kognitiven und einen motivationalen Aspekt:

Wenn die Lehrer*in ihre Lerngruppe mit dem Keyboardspiel bekannt machen will, kann sie sie ein einfaches Arrangement üben lassen. Während der Übephase beobachtet sie, wie intensiv die einzelnen Schüler*innen sich mit dem Instrument auseinandersetzen; das Ergebnis kann in die Zeugnisnote einfließen. Am Ende der Übephase prüft sie, wie gut die Schüler*innen das Stück spielen können; auf dieser Grundlage kann sie sie beraten. Am Ende des Schulhalbjahres fragt sie die Schüler*innen, warum sie sich für oder gegen das Erlernen des Keyboardspiels entschieden haben; die Qualität der Begründung kann in die Zeugnisnote einfließen.

Aufgabe 2

In Bezug auf den Erfahrungshintergrund ist der Musikunterricht dann erfolgreich, wenn die Schüler*innen ihren musikalischen Horizont erweitern und die Vielfalt der Musik dieser Welt genießen lernen. Auch hier ist sowohl der kognitive als auch der motivationale Aspekt wichtig:

drehleier

Um ihre Schüler*­innen mit Renais­sance-­Musik bekannt zu machen, kann die Lehrer*in sie einen Kontratanz spielen und tanzen lassen. Während der Erarbeitung des Arrangements und der Choreografie beobachtet die Lehrer*in, wie intensiv die einzelnen Schüler*innen sich mit ihren Aufgaben auseinandersetzen. Unmittelbar danach überprüft sie mit einem schriftlichen Test die neu erworbenen Kenntnisse. Beobachtungen und Testergebnisse können in die Zeugnisnote einfließen.

Aufgabe 3

In Bezug auf die Zeitfensterkompetenzen besteht der Erfolg darin, dass die Schüler*innen rechtzeitig, bevor es zu spät ist, die für das Singen und für rhythmische Bewegung erforderlichen Fähigkeiten erwerben. Hier helfen die folgenden Fragen beim Evaluieren:

Um die gesanglichen und rhythmischen Fähigkeiten der Schüler*innen zu diagnostizieren, lässt die Lehrer*in die Lerngruppe Lieder singen, Percussion-Arrangements spielen und Tänze tanzen, in die kleine Solo-Partien eingebaut sind; das Ergebnis kann in die Zeugnisnote einfließen.

Aufgabe 4

In Bezug auf die unverzichtbaren Kompetenzen besteht der Erfolg darin, dass die Schüler*innen das lernen, was nach Auffassung der Lehrer*in bzw. des Fachkollegiums oder der Bildungsbehörden Voraussetzung für ein gelingendes Leben ist. Hier lautet die Frage:

Nachdem die Lehrer*in versucht hat, ihren Schüler*innen Funktion und Wirkungsweise von Werbemusik bewusst zu machen, lässt sie sie in Einzelarbeit geeignete Werbespots analysieren; das Ergebnis kann in die Zeugnisnote einfließen.

Aufgabe 5

In Bezug auf die selbst gewählten Kompetenzen besteht der Erfolg kurzfristig darin, dass die Schüler*innen das lernen, was Voraussetzung für die musikalischen Tätigkeiten ihrer Wahl ist, langfristig darin, dass sie diese Tätigkeiten dann auch tatsächlich ausüben.

In jeder Gitarrenstunde lässt sich die Lehrer*in vorspielen, was die Schüler*innen unter der Woche geübt haben.

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2.10 Unterrichtsplanung

Zu den zentralen Bestandteilen der Tätigkeit einer Lehrer*in gehört neben dem Durchführen und Auswerten das Planen von Unterricht. Was das bedeutet, was dabei zu beachten ist und wie man dabei vorgeht, ist Gegenstand zahlreicher Analysen und Ratgeber, denen ich hier nicht mit einem weiteren Planungsmodell Konkurrenz machen will. Stattdessen möchte ich im Folgenden aufzeigen, was bei der Planung von tätigkeitsorientiertem Musikunterricht anders ist als bei einem lediglich erfahrungs-, handlungs- und schülerorientierten Unterricht. Dabei werde ich mich nicht auf das beschränken, was die einzelne Musiklehrer*in tut, um den Unterricht für die ihr anvertrauten Lerngruppen vorzubereiten. Denn an den inhaltlichen und methodischen Entscheidungen, die vor und während des Unterrichtens getroffen werden müssen, sind zahlreiche weitere Akteure beteiligt. Auch für sie hat es Konsequenzen, wenn man den konzeptionellen Vorgaben der tätigkeitsorientierten Musikpädagogik folgen will.

Die Planung von Unterricht wird meist aus der Perspektive einer Lehrer*in betrachtet, die eine Unterrichtseinheit oder sogar nur eine einzelne Unterrichtsstunde vorbereitet. Das hängt zweifellos damit zusammen, dass die einschlägige Literatur sich vor allem an Studierende und Berufsanfänger*innen richtet (vgl. z. B. Esslinger-Hinz u. a. 2007). Deren vorrangiges Interesse liegt in der Bewältigung des Berufsalltags, in dem Lehrplan und Schulcurriculum die Funktion von Rahmenbedingungen haben, die bei der Unterrichtsvorbereitung berücksichtigt werden müssen. Doch auch Arbeiten, die didaktische Planungsprozesse im Detail analysieren, nehmen staatliche Vorgaben als „Gegebenheiten“ hin (vgl. Standop / Jürgens 205, S. 52ff., 157). Eine didaktische Konzeption, die die Aufgaben eines Schulfachs neu definieren will, muss aber gerade auch die staatlichen Vorgaben als gestaltbar einbeziehen.

Die Akteure, die an der Gestaltung des schulischen Musikunterrichts mitwirken, sind einander hierarchisch über- und untergeordnet. Dementsprechend sind ihre Entscheidungen von größerer oder geringerer geografischer und zeitlicher Reichweite. Man kann grob zusammenfassend drei Ebenen unterscheiden:

Obere Ebene: Staat

In Deutschland legen die Kultusministerien bzw. Schulbehörden der Bundesländer mit Hilfe von Lehrplänen und anderen Gesetzen und Verordnungen verbindlich für alle Schulen im jeweiligen Geltungsbereich Lernziele, Methoden und Organsationsformen fest. Außerdem teilen sie jedem Schulfach zeitliche und personelle Ressourcen zu.

Diesen staatlichen Vorgaben nachgeordnet sind die Schulbuchverlage. Sie konkretisieren mit Hilfe von Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien die eher allgemein formulierten Lehrpläne inhaltlich und teilweise auch methodisch.

Über den Einfluss staatlicher Lehrpläne auf das tatsächliche Geschehen in der Schule ist wenig bekannt. Er scheint zumindest im Fach Musik sehr begrenzt zu sein. Die Schulaufsicht, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung der staatlichen Vorgaben zu kontrollieren, kümmert sich vorrangig um Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache. Die sogenannten Nebenfächer bleiben meist unbehelligt, so dass Musiklehrer*innen relativ frei (nur ihrer pädagogischen Verantwortung verpflichtet) entscheiden können, was und wie sie unterrichten.

Eine harte Vorgabe stellen demgegenüber die Stundentafeln dar. Sie legen für jede Schulform fest, welche Fächer zu unterrichten und wieviele Unterrichtsstunden dafür jeweils anzusetzen sind. Auf das Fach Musik entfallen traditionell ein bis zwei Wochenstunden, wobei in den höheren Altersstufen zwischen zwei oder drei ästhetischen Fächern gewählt werden muss. Während Leo Kestenberg, der Begründer des Schulfachs Musik, noch eine Wochenstunde für ausreichend hielt (vgl. Kestenberg 1927, S. 128ff.), hätten die Fachverbände am liebsten in allen Jahrgängen zwei Wochenstunden Pflichtunterricht (vgl. z. B. Bähr 2003, S. 12).

Lediglich Angebotscharakter haben die zahlreichen im Handel erhältlichen Unterrichtswerke für den Musikunterricht (2022 waren es 21 – vgl. Jünger 2022, S. 52). Da der Staat die Wahl des Schulbuchs nicht mehr vorschreibt (abgesehen von den in manchen Bundesländern noch praktizierten Genehmigungsverfahren), ist es den Musiklehrer*innen freigestellt, ob sie eines der vielen Schulbücher zur Grundlage ihres Unterrichts machen (die meisten tun es nicht – vgl. Jünger 2006, S. 152).

Mittlere Ebene: Schule

Schulleitungen und schulische Gremien sind für die organisatorische und materielle Ausgestaltung des Bildungsangebots der eigenen Schule zuständig. Im Rahmen der staatlichen Vorgaben richten sie z. B. Wahlpflicht- und Wahlkurse ein und verteilen Räume und Finanzmittel an die Fächer.

Die einzelnen Fachkollegien erstellen auf der Grundlage der jeweiligen Lehrpläne schulinterne Stoffverteilungspläne und treffen Absprachen, die sicherstellen sollen, dass der Unterricht in einer Lerngruppe auch bei Lehrerwechsel die nötige Kontinuität bewahrt.

Da die Ressourcen knapp sind, befinden sich die Schulfächer in einem immer wieder aufflammenden Verteilungskampf. Dies betrifft vor allem die sogenannten „ästhetischen“ Fächer. Während die Auseinandersetzungen auf der Ebene der staatlichen Entscheidungen politisch-argumentativ ausgetragen werden (vorrangige Streitobjekte: Stundentafeln, Prüfungsbestimmungen), spielen auf der Schulebene auch persönliche Vorlieben und Kompetenzen der jeweiligen Entscheidungsträger eine große Rolle (vorrangige Streitobjekte: Räume, Finanzen, Kursangebote).

Untere Ebene: Lerngruppe

Die für eine Klasse oder einen Kurs zuständigen Lehrer*innen legen für eine oder mehrere Unterrichtsstunden (bis zu einem Schulhalbjahr) konkrete Inhalte und Methoden fest. Dabei haben sie die staatlichen und schulischen Vorgaben zu berücksichtigen.

Die Lehrer*innen können ihre Schüler*innen an der Auswahl von Themen oder Musikbeispielen beteiligen, tragen jedoch die pädagogische Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen.

Bei der Planung von Musikunterricht sollten Musiklehrer*innen nicht vergessen, dass ihr Einfluss begrenzt ist. Schätzungen zufolge findet 70% des menschlichen Lernens außerhalb von Bildungsinstitutionen statt (vgl. Dohmen 2001, S. 2), und der Anteil des ungeplanten Musiklernens dürfte noch größer sein. Daher ist es wichtig, bei allen inhaltlichen und methodischen Entscheidungen an dem anzuknüpfen, was Hermann Josef Kaiser die „in die Schule hineinreichende usuelle Musikpraxis“ der Jugendlichen nennt (vgl. Kaiser 2001, S. 96). Dazu bedarf es nicht unbedingt einer expliziten Mitbestimmung der Schüler*innen bei der Unterrichtsplanung. Indem wir zur Kenntnis nehmen, welche musikalischen Tätigkeiten die Schüler*innen bereits ausüben und welche sie ausüben wollen, und indem wir ihnen helfen, die dafür erforderlichen Kompetenzen zu erwerben, beteiligen wir sie indirekt an der Gestaltung des Unterrichts.

Folgt man der Argumentation der tätigkeitsorientierten Musikpädagogik, dann ergeben sich daraus Konsequenzen auf jeder der drei Entscheidungsebenen. Die folgende Liste von Desideraten beschreibt eine konkrete Utopie - einen wünschenswerten Zustand, der nicht so weit entfernt von der gegenwärtigen Realität an deutschen Schulen ist, dass er völlig unerreichbar wäre.

Obere Ebene: Staat

Lehrpläne

Ein tätigkeitsorientierter Lehrplan weist dem Schulfach Musik die Aufgaben Entscheidungshilfe, Erfahrungshintergrund, Zeitfenster-, unverzichtbare und frei gewählte Kompetenzen zu. Er schreibt daher verbindlich vor:

Als Anregung und Hilfe bei der individuellen Unterrichtsplanung bietet er eine nach Jahrgangsstufen gegliederte Auswahl von exemplarischen Inhalten zur Erweiterung des Erfahrungshorizontes, die

Stundentafeln

Wünschenswert aus tätigkeitsorientierter Sicht sind folgende Vorgaben:

Schulbücher

Hilfreich bei der Planung von tätigkeitsorientiertem Musikunterricht sind praxisnahe Unterrichtsmaterialien

Damit die Lehrer*innen diese Materialien den jeweiligen Besonderheiten der Schule und der Lerngruppe anpassen kann, werden sie als Open Educational Ressource angeboten, können also beliebig und rechtssicher bearbeitet werden (vgl. Jünger 2022, S. 57).

Mittlere Ebene: Schule

Unterrichtsangebot

Eine tätigkeitsorientierte Schule organisiert den in der Stundentafel vorgesehenen Pflicht- und Wahlpflichtunterricht, daneben aber auch ein möglichst vielfältiges Kursangebot, das den Schüler*innen zur freien Wahl steht und ihnen die Aneignung und Ausübung selbst gewählter musikalischer Tätigkeiten ermöglicht. Wo die personellen oder materiellen Ressourcen nicht ausreichen, kooperiert die Schule mit außerschulischen Bildungsanbietern wie Musikschulen und Musikvereinen.

Schulinterne Curricula

Das Fachkollegium der Schule einigt sich für jede Jahrgangsstufe auf eine Auswahl von Unterrichtsinhalten. Dabei wählen tätigkeitsorientierte Musiklehrer*innen solche Inhalte, die der Entscheidungshilfe, der Erweiterung des Erfahrungshintergrunds und dem Erwerb von Zeitfenster- und unverzichtbaren Kompetenzen dienen.

Ausstattung

Schulleitung und Fachkollegium sorgen für die Bereitstellung von Instrumenten, Geräten und Räumen. Dabei bemühen sich tätigkeitsorientierte Musiklehrer*innen darum, die nötigen Voraussetzungen für das Kennenlernen musikalischer Tätigkeiten und den Erwerb musikalischer Fähigkeiten zu schaffen.

Untere Ebene: Lerngruppe

Stoffverteilungspläne

Die Musiklehrer*in wählt für eine bestimmte Lerngruppe die Unterrichtsthemen aus, die in einem bestimmten Zeitraum (z. B. einem Schulhalbjahr) bearbeitet werden sollen. Dabei berücksichtigt sie die Vorgaben von Lehrplan und Schulcurriculum und lässt sich anregen von Schulbüchern und anderen Unterrichtsmaterialien. Nach Möglichkeit (z. B. in der gymnasialen Oberstufe) beteiligt sie die Schüler*innen an der Planung. Eine tätigkeitsorientierte Musiklehrer*in trifft ihre Entscheidungen vor allem auf der Grundlage einer sorgfältigen Lerngruppendiagnose. Dazu gehören die folgenden drei Faktoren:

Unterrichtseinheiten

Die Musiklehrer*in wählt Ziele, Inhalte und Methoden für die Bearbeitung eines Unterrichtsthemas durch eine bestimmte Lerngruppe aus. Dabei berücksichtigt sie die langfristigen Planungen, die aktuellen Rahmenbedingungen und den Lernstand und die Vorlieben der Schüler*innen. Nach Möglichkeit (z. B. in der Sekundarstufe) beteiligt sie die Schüler*innen an der Planung. Eine tätigkeitsorientierte Musiklehrer*in hat außerdem den Beitrag des Unterrichts zu den fünf Aufgaben des Schulfachs Musik im Auge:

Unterrichtsstunden

Die Musiklehrer*in wählt Ziele, Inhalte und Methoden für eine Einzel- oder Doppelstunde aus. Dabei berücksichtigt sie die langfristigen Planungen, die aktuellen Rahmenbedingungen und den Lernstand der Schüler*innen. Um einen motivierenden Spannungsbogen zu erzeugen, fügt sie Teilschritte der aktuellen Unterrichtseinheit mit weiteren Unterrichtsaktivitäten (z. B. Warmups) zu einer Gesamtdramaturgie zusammen. Eine tätigkeitsorientierte Musiklehrer*in hat außerdem den Gebrauchswert des Gelernten im Auge und macht ihn bei Gelegenheit auch für die Schüler*innen sichtbar:

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3. Vorgeschichte: Was davor geschah...

Das O.K.-Modell hat sowohl empirische als auch theoretische Wurzeln. In der vorangegangenen Darstellung habe ich versucht, mit Hilfe von Unterrichtsbeispielen zu veranschaulichen, auf welchen schulpraktischen Erfahrungen meine Theorie basiert. In den folgenden Ausführungen werde ich aufzeigen, welche Theorien mich bei meiner Arbeit als Musiklehrer in der Schule und als Musikdidaktiker an der Universität beeinflusst haben und wo ich bei der Entwicklung des O.K.-Modells an andere Konzeptionen angeknüpft oder mich von ihnen abgegrenzt habe.

Bei der Kommentierung dieser Entwürfe werde ich chronologisch vorgehen, allerdings nicht in der üblichen Richtung. Ich folge dem Ordnungsprinzip, das die Autoren von Musik aktuell „Prinzip der psychischen Nähe“ genannt haben (vgl. Breckoff u. a. 1971, S. 9), und beginne in der Gegenwart, um mich dann schrittweise von Konzeption zu Konzeption immer weiter zurückzubewegen. Indem ich die Frage „Was ist aus diesem Gedanken geworden?“ durch die Frage „Wie ist es zu diesem Gedanken gekommen?“ ersetze, entgehe ich der Gefahr, theoretische Parallelen als Kausalitäten überzubewerten.

Daumen

3.1 Drei Vordenker

Bevor ich auf die musikdidaktischen Konzeptionen eingehe, auf denen meine Überlegungen aufbauen, möchte ich drei Wissenschaftler erwähnen, die mich mit ihrer Art, über Musik und Schule nachzudenken, in besonderer Weise beeindruckt und in meiner Theorie Spuren hinterlassen haben: Lars Ulrich Abraham, Wolfgang Martin Stroh und Hermann Josef Kaiser.

abraham

Lars Ulrich Abraham (1922-2003) habe ich Anfang der 1970er Jahre während meines Studiums an der Musikhochschule in Freiburg/Breisgau kennengelernt. Dort war er als Professor für Musikpädagogik und später auch als Rektor tätig und vertrat Positionen, die viel Widerspruch hervorriefen (vgl. Klein 2003). Auf seine durchaus ernst gemeinte Forderung, der Musikunterrichts solle (unter anderem) „gegen Musik immunisieren“, reagierten seine künstlerischen Kolleg*innen mit Empörung. Bei seinen Studierenden dagegen fiel sein Plädoyer für kritisches Denken auf fruchtbaren Boden. Ein von ihm als Lehrveranstaltung gestartetes „Musikpolitisches Kolloquium (Mupo)“ entwickelte sich von einem studentischen Lektürekreis zu einer hochschul- und bildungspolitischen Basisgruppe, deren Aktivitäten schließlich in die Arbeit des „Arbeitskreises Demokratischer Musiker (ADM)“ (1974-1985) einmündeten (vgl. Stroh 2003, S. 349). Ihren biographischen Ursprung hatte Abrahams kritische Haltung in der NS-Zeit, wo er das Singen von Liedern als Methode der Indoktrination erlebt hatte. Theoretisch untermauert wurde sie von den Analysen der Frankfurter Schule, insbesondere von den Arbeiten Adornos, der sich vehement gegen ein unreflektiertes „Musikantentum“ gewandt hatte, dem es wichtiger sei, „dass einer fiedelt, […] als was er geigt“ (Adorno 1956, S. 69). Der ideologiekritische Umgang mit Liederbüchern war denn auch das zentrale Thema seiner Beiträge zu dem gemeinsam mit Helmut Segler verfassten Buch Musik als Schulfach (Segler / Abraham 1966).

Von Lars Ulrich Abraham habe ich gelernt, Musik mit ihren Wirkungen und den dahinter stehenden Absichten kritisch zu reflektieren – ich bemühe mich, mir dessen bewusst zu werden, was die Musik mit mir macht, ich frage mich, wessen Interessen das dient, und, wenn ich damit nicht einverstanden bin, versuche ich mich der musikalischen Einwirkung zu entziehen. Wie Abraham halte ich es für eine unverzichtbare Aufgabe des Musikunterrichts, die Widerstandskraft der Schüler*innen gegen alle Formen der Manipulation mit musikalischen Mitteln zu stärken: gegen Werbe-, Kaufhaus- und Arbeitsmusik, gegen politische Einflussnahmen aller Art und gegen alle Verführungsversuche der Musikindustrie (vgl. Abschnitt 2.6). Nicht zuletzt hat Abraham auch mein Interesse für eine damals neue Schulform geweckt: die „Gesamtschule, in der Schüler aller früheren Systeme vereinigt sind und auch ihrer musikalischen Begabung entsprechend gefördert werden“ (Segler / Abraham 1966, S. 8).

stroh

Auch Wolfgang Martin Stroh (*1941) kenne ich seit meiner Freiburger Zeit. Von 1971 bis 1973 arbeitete er als Assistent am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Freiburg. Anders als der Lehrstuhlinhaber Hans Heinrich Eggebrecht betrachtete er Musik nicht so sehr als Kunstwerk, sondern vor alem als soziales Phänomen. Dass er später eine an die Tätigkeitstheorie der kulturhistorischen Schule anknüpfende „Psychologie der musikalischen Tätigkeit“ (Stroh 1984) entworfen hat, ist ebenso folgerichtig wie die praxisorientierten Konzepte, die auf dieser Grundlage entstanden sind: die „Szenische Interpretation von Musik“, ein Methodenkonzept, bei dem man sich durch szenisches Spiel mit Musiktheater auseinandersetzt (vgl. Stroh 2007), und der „erweiterte Schnittstellenansatz“, eine Weiterentwicklung der Interkulturellen Musikpädagogik, bei der sich Schüler*innen durch szenisches Spiel unterschiedlichen Musikkulturen annähern (vgl. Stroh 2011). Immer liegt dabei der Fokus auf den musikalisch handelnden Menschen, und immer geht es um die Aneignung von Wirklichkeit mit musikalischen Mitteln.

Wolfgang Martin Stroh verdanke ich die Einsicht, dass im Zentrum musikpädagogischen Nachdenkens nicht Musik als akustischer Gegenstand stehen sollte, sondern „der musikalisch tätige Mensch“ (Stroh 1999, S. 9). Mit seinem tätigkeitstheoretischen Ansatz hat er meine konzeptionellen Überlegungen entscheidend beeinflusst (vgl. Abschnitt 2.2). Außerdem hat er mich mit seinem Engagement für eine „Eine-Welt-Musiklehre“ (Stroh 2000) motiviert, Methoden zu entwickeln, die Schüler*innen den Zugang zur Vielfalt der Musik dieser Welt eröffnen. Vorbild ist er mir auch in der Art, wie er seine musikdidaktischen Ideen zu propagiert: mit einem opulenten Online-Angebot an wissenschaftlichen Texten und Unterrichtsmaterialien und mit immer neuen praxisnahen Fortbildungsangeboten.

kaiser

Meine Zusammenarbeit mit Hermann Josef Kaiser (1938-2021) begann 1999. Damals holte er mich als Wissenschaftlichen Mitarbeiter für die Lehre an die Universität Hamburg, wo er schon seit 1988 eine Professur für Erziehungswissenschaft bekleidete. In der scientific community war er hoch angesehen für seine Bemühungen um die Grundlegung einer systematischen Musikpädagogik und seine unermüdliche Netzwerkarbeit zur Förderung des Schulfachs Musik. Seinen Lehramtsstudierenden verlangte er einiges an Lernbereitschaft ab durch die Weigerung, sie mit konkreten Handlungsanweisungen für ihre zukünftige Tätigkeit zu versorgen, und durch das Insistieren auf der Klärung von Grundbegriffen wie „musikalisch-ästhetische Erfahrung“ (vgl. Kaiser 1993) oder „Musiklernen“ (vgl. Kaiser 1996). Dabei bot er ihnen mit Konzepten wie „Bild von Musik“ (vgl. Kaiser 1998) und „Verständige Musikpraxis“ (vgl. Kaiser 2001) eine klare Aufgabenbeschreibung an, die sich von Positionen abgrenzt, die entweder unreflektiertem Musizieren Vorschub leisten oder auf die bildende Kraft der abendländischen Kunst vertrauen.

Dass Hermann Josef Kaisers Vision von Musik in der Schule, die man erfahrungs-, handlungs- und schülerorientiert nennen könnte, meinen Vorstellungen sehr nahe kommt (vgl. Abschnitt 2.6), hat mich bei der Arbeit an meiner Konzeption ermutigt. Doch am meisten hat mich die Gründlichkeit seines Nachdenkens beeindruckt, sein nie nachlassendes Interesse an der Klärung der philosophischen Grundlagen der Musikpädagogik. Dabei war er sich dessen sehr wohl bewusst, dass das Abstraktionsniveau, auf dem sich seine Überlegungen bewegten, und die Präzision, mit der er seine Texte formulierte, die Rezeption seiner Gedanken über den Kreis einschlägiger Wissenschaftler*innen hinaus erschwerte – eine selbstkritische Haltung, die mich darin bestärkt hat, der Verständlichkeit meiner Sprache große Aufmerksamkeit zu widmen und meine Theorien bis zur konkreten Handlungsebene und den in Abschnitt 2 angebotenen Unterrichtsmaterialien herunterzubrechen.

Abraham, Stroh, Kaiser - drei Wissenschaftler, die bei allen Unterschieden zumindest eines eint: Sie orientieren sich nicht an der Musik, sondern an den Menschen. Die Aufgabe des Schulfachs Musik sehen sie darin, Kinder und Jugendliche für das außer- und nachschulische Leben auszurüsten – „einen Lebensbereich zu erschließen, in den der Schüler als Erwachsener eintreten wird und in dem er sich orientieren und zu eigenen Entscheidungen und Wertsetzungen gelangen kann“ (Segler / Abraham 1966, S. 20), Schüler*innen bei der „Aneignung von Wirklichkeit mit musikalischen Mitteln“ zu unterstützen (Stroh 1999, S. 11ff.) und „dabei behilflich zu sein, eine usuelle Musikpraxis in eine verständige Musikpraxis zu überführen (Kaiser 2001, S. 97).

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3.2 Aufbauender Musikunterricht

2005, also etwa zeitgleich mit den ersten Überlegungen zum O.K.-Modell, erschien ein Lehrbuch der Musikdidaktik für die Sekundarstufen, in dem unter anderem eine neue musikdidaktische Konzeption vorgestellt wurde: der „Aufbauende Musikunterricht“ (Jank 2005, S. 92-122). Ein Autorenteam um Werner Jank (damals Musikpädagogikprofessor an der Mannheimer Musikhochschule) entwarf einen schulischen Musikunterricht, der den in den 1970er Jahren formulierten Prinzipien von Handlungsorientierung, Erfahrungsorientierung und Schülerorientierung folgte: Hauptmethode sollte Lernen durch Handeln sein – am besten in Form von Projektarbeit – (hier berief man sich auf John Dewey, Jean Piaget und Hans Aebli), und dabei sollten die Schüler*innen Erfahrungen mit der Vielfalt der Musikkulturen machen – unter anderem auch mit Kunstmusik (hier knüpfte man an Hermann Josef Kaiser, Wolfgang Welsch und Martin Seel an). Hinzu kam aber und neu war, dass der systematische Erwerb musikalischer Grundkompetenzen zu einer Hauptaufgabe des Musikunterrichts erklärt wurde.

Diese Konzeption hat die Entwicklung des O.K.-Modells nicht nennenswert beeinflusst. Da sie jedoch einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat, will ich im Folgenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Theorien aufzeigen.

Die Popularität dieser Konzeption hat nicht zuletzt mit den Aktivitäten des Esslinger Helbling-Verlags zu tun, der seit 2010 Unterrichtsmaterialien für „Aufbauenden Musikunterricht“ veröffentlicht und mit der Marke „AMU“ bewirbt (vgl. Hebling o. J.). Die Theorie selbst hat seit der ersten Ausgabe von Janks „Musik-Didaktik“ zwei gründliche Überarbeitungen erfahren (Jank 2013, S. 92-131; Jank 2021, S. 121-158). Außerdem ist sie von der Freiburger Musikpädagogin Mechtild Fuchs auch auf die Primarstufe übertragen worden (Fuchs 2010). Ich beziehe mich hier auf die dritte Version von 2021 (Jank 2021).

Sie beginnt mit einer allgemeinen Bestimmung der Aufgaben des Musikunterrichts: Ziel ist „eine aktive, zunehmend kompetente und selbstbestimmte Teilhabe am Musikleben“ (S. 121). Dann werden drei „Praxisfelder“ erläutert, die im Musikunterricht miteinander kombiniert werden sollen:

  1. „Kulturen erschließen“: Dieses Praxisfeld soll der „,Verortung‘ der eigenen Person in der Vielfalt der Angebote kulturellen und sozialen Handelns“, der „Konstruktion einer eigenen kulturellen Identität“ und „musikalischer Selbstständigkeit und Kritikfähigkeit“ dienen (S. 134).
  2. „Musikalisches Gestalten durch vielfältiges Musizieren und musikbezogenes Handeln“: Hier sollen die Schüler*innen zu „verständiger Musikpraxis“ (im Sinne von Kaiser) befähigt werden (Jank 2021, S. 145f.).
  3. „Musikalische Fähigkeiten aufbauen“: Bei diesem Praxisfeld liegt der Schwerpunkt auf den folgenden drei Bereichen:
    a) „Metrische Kompetenz und Bewegung“,
    b) „Rhythmische Kompetenz“ und
    c) „Tonale und vokale Kompetenz“ (vgl. Jank 2021, S. 150f.).
    Diese Kompetenzen sollen durch kontinuierlich stattfindende und systematisch aufeinander folgende Übungen, d. h. lehrgangsartig erworben werden, sondern auch in Form von „musikalischen Unterrichtsvorhaben“, d. h. projektartig geschehen (vgl. Jank 2021, S. 151ff.).

Die drei Praxisfelder sollen je nach Alter der Schüler*innen unterschiedlich viel Raum bekommen: In der Primarstufe werden vor allem Grundkompetenzen aufgebaut, in der Sekundarstufe I geht es sowohl um musikalisches Handeln als auch um Kulturerschließung, und in der Sekundarstufe II steht die Kulturerschließung im Vordergrund.

Auf den ersten Blick scheint sich diese Konzeption nur wenig vom O.K.-Modell zu unterscheiden. Bei beiden Konzeptionen sollen die Schüler*innen Erfahrungen mit unterschiedlichen Musikpraxen machen, und bei beiden wird Wert auf kulturelle Vielfalt gelegt (ich nenne das „Erweiterung des Erfahrungshorizontes“, bei Jank ist es das Praxisfeld 1 „Kultur(en)erschließung“). Beide Konzeptionen befürworten musikbezogenes Handeln als Methode des Kompetenzerwerbs und in beiden Konzeptionen wird Wert darauf gelegt, dass die unterschiedlichsten musikalischen Tätigkeiten einbezogen werden: Singen und Spielen, Hören und Tanzen, Lesen und Diskutieren usw (beim Aufbauenden Musikunterricht ist dies das Praxisfeld 2). Auch zu Praxisfeld 3, dem Aufbau metrisch-rhythmischer und vokal-tonaler Kompetenzen, der in den ersten sechs Klassenstufen geschehen soll, gibt es eine Entsprechung im O.K.-Modell: „Erwerb von Zeitfensterkompetenzen“, womit vor allem Singen und rhythmische Bewegung gemeint sind.

Es gibt aber wesentliche Unterschiede. Der augenfälligste betrifft die Art des Kompetenzerwerbs im Praxisfeld 3. Hier hält Jank eine „kontinuierlich aufbauende und systematisch strukturierte Lehre“ für notwenig (Jank 2021, S. 147), d. h. hier soll der Musikunterricht in der Form von Lehrgängen stattfinden. Dieser Aspekt hat in der Fachwelt viel Widerspruch hervorgerufen (vgl. z. B. Jank/Stroh 2006). Dabei ist der Grundsatz „eins nach dem andern“ und „first steps first“ grundvernünftig und keineswegs neu (vgl. Kaiser 2016). Zweifellos ist es sinnvoll, beim Erlernen der Notenschrift zuerst die Stammtöne einzuführen und dann erst Kreuz- und B-Vorzeichen.

Doch schrittweises Lernen ist nicht gleich Lernen im Gleichschritt. Dass alle alles lernen könnten, und dann auch noch im gleichen Tempo, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Auch dass es nur einen Lernweg für alle geben muss, dass z. B. alle Schüler*innen erst eine Rhythmussprache erlernen müssen, bevor sie Rhythmen erfinden (vgl. Jank 2021, S. 150) ist nicht einzusehen. Lehrgangsartige Lehre übersieht, dass jede Lerngruppe, mit der wir es in der allgemeinbildenden Schule zu tun haben, heterogen ist. Das zu berücksichtigen, ist aber ein Grundanliegen der tätigkeitsorientierten Musikpädagogik. Das O.K.-Modell ist so angelegt, dass das Bildungsangebot sowohl den Wünschen als auch den individuellen Lernmöglichkeiten jeder einzelnen Schüler*in entspricht (vgl. 2.5, 2.7, 2.8).

Ein weiterer und sehr grundlegender Unterschied betrifft die Organisation des Schulfachs Musik. Jank geht unausgesprochen davon aus, dass das Fach Musik an der allgemein bildenden Schule in Form eines wöchentlich stattfindenden Pflichtunterrichts vertreten ist. Ein schulisches Wahlangebot spielt in dieser Konzeption keine Rolle. Es ist immer nur von „der Musikstunde“ oder „der Unterrichtsstunde“ die Rede (z. B. Jank 2021, S. 148, 148). Sicherlich haben die Autoren des Aufbauenden Musikunterrichts nichts gegen Schulchöre oder Schulorchester. Aber der Erwerb von Fähigkeiten für selbst gewählte musikalische Tätigkeiten – z. B. Instrumentalunterricht – wird offenbar nicht als Aufgabe des schulischen Musikunterrichts betrachtet, bleibt also außerschulischen Bildungsanbietern überlassen.

Deshalb unterscheidet Jank auch nicht zwischen tentativem und nachhaltigem Lernen. Die „aufbauende“ Musiklehrer*in soll sich immer und überall um Nachhaltigkeit bemühen. Dass aber auch „Lernen auf Probe“ sinnvoll und wünschenswert sein kann, dass neben dem Können auch das Kennenlernen ein Ziel des Musikunterrichts ist, ist eine der Kernaussagen – und bislang ein „Alleinstellungsmerkmal“ – des O.K.-Modells.

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3.3 Handlungs-, Erfahrungs- und Schülerorientierung

Im Laufe der 1970er Jahre setzte sich in der westdeutschen Schulpädagogik allmählich (wieder) die Auffassung durch, dass die Schüler*innen die Möglichkeit bekommen sollten, selbstständig zu handeln und auf diese Weise Handlungskompetenz zu erwerben (vgl. z. B. Mann 1977), dass sie neue Erfahrungen machen und gemachte Erfahrungen aufarbeiten sollten (vgl. z. B. Scheller 1981), und dass ihre Interessen und Fähigkeiten bei Planung und Gestaltung des Unterrichts soweit als möglich berücksichtigt werden sollten (vgl. z. B. Wagner 1976). Heute herrscht weitgehend Konsens darüber, dass Unterricht handlungs-, erfahrungs- und schülerorientiert zu sein hat. Dass dies auch für das Fach Musik gilt, ist nicht zuletzt drei Büchern zu verdanken, die „handlungsorientierten Musikunterricht“ (Rauhe / Reinecke / Ribke 1975), „erfahrungserschließende Musikerziehung“ (Nykrin 1978) und „schülerorientierten Musikunterricht“ (Günther / Ott / Ritzel 1982) propagierten.

1975 erschien „Hören und Verstehen. Theorie und Praxis handlungsorientierten Musikunterrichts“ von Hermann Rauhe, Hans-Peter Reinecke und Wilfried Ribke, alle drei damals an der Universität Hamburg tätig (Rauhe / Reinecke / Ribke 1975). Mit großem theoretischem Aufwand wird hier ein Musikunterricht entworfen, der sich auf drei Ebenen am Leitbegriff „Handlung“ orientiert:

  1. Ziel ist „musikalische Erlebens- und kommunikative Handlungskompetenz“ (S. 175) – die Schüler*innen sollen die Fähigkeit erwerben, Musik zu hören und zu verstehen (S. 169),
  2. Methode ist der „Vollzug konkreter Handlungen“ (S. 181) – die Schüler*innen sollen sich handelnd mit Musik auseinandersetzen (S. 186),
  3. Inhalt sind „musikalische Handlungen“ (S. 191) – die Schüler*innen sollen Musik nicht nur als Produkt, sondern auch als Prozess betrachten und sich weniger mit dem musikalischen Werk auseinandersetzen als mit den verschiedenen Formen des handelnden Umgang mit Musik (S. 197).

Der letzte Punkt ist den Autoren besonders wichtig: Unter „musikalischem Handeln“ verstehen sie nicht nur das Musizieren, sondern jede Art des Umgangs mit Musik – vom Hören und Tanzen bis zum Sprechen über Musik und zum Kauf von Schallplatten (S. 127). Die bei solchen Handlungen gemachten Erfahrungen sollen die Schüler*innen „metakommunikativ reflektieren“ (S. 187). Vorbereitet werden diese Handlungen durch eine „gemeinsame Entscheidung aller am Lernprozess Beteiligten über Ziel, Inhalt und Gestaltung des Unterrichtsvorgangs“ (S. 198). In der Schulpraxis ist der Sprachgebrauch allerdings ein anderer. Hier versteht man unter „handlungsorientiertem Musikunterricht“ meist einen Unterricht, in dem wenig geredet und viel musiziert wird (vgl. Krause-Benz 2016, S. 86).

Drei Jahre nach „Hören und Verstehen“ legte Rudolf Nykrin (damals an der Pädagogischen Hochschule in Münster tätig) seine Dissertation „Erfahrungserschließende Musikerziehung. Konzept – Argumente – Bilder“ vor (Nykrin 1978). Hier findet man die gleichen begrifflichen Bausteine vor wie bei Rauhe, Reinecke und Ribke: Handlung und Selbstbestimmung, Erfahrung und Reflexion, allerdings in einer anderen Gewichtsverteilung. Im Mittelpunkt steht jetzt der Leitbegriff „Erfahrung“. Die Lehrer*in soll die Schüler*innen anleiten,

  1. gemachte Erfahrung zu reflektieren („Erschließung (Rekonstruktion und Deutung) von lebensgeschichtlich „gemachter“ Erfahrung“ – vgl. S. 130),
  2. gemeinsam zu entscheiden, welche neuen Erfahrungen sie machen wollen („Übung in Legitimations- und Verständigungsprozessen anläßlich des gemeinsamen musikalischen Lernens“ – vgl. S. 131),
  3. neue Erfahrungen zu machen („Kompensation und Aufklärung von Erfahrungseinschränkungen in fachwissenschaftlicher und -technologischer Orientierung“ – vgl. S. 133) und
  4. gestützt auf Erfahrung zu handeln („Ermöglichung von Handlungsvollzügen. Lehren, Gelerntes zu gebrauchen“ – vgl. S. 134).

Auch Nykrins Vorstellungen von den Inhalten des Musikunterrichts ähneln denen von Rauhe, Reinecke und Ribke: Die Schüler*innen sollen Erfahrungen mit allen möglichen „Phänomenen gesellschaftlicher Musikwirklichkeit“ machen, z. B. mit der „Vielfalt von Musik“ und mit den „Ausprägungen musikalischen Handelns“ (vgl. S. 145ff.).

Wieder ein paar Jahre später erschienen die beiden Bände von „Musikunterricht“, in denen der Aspekt der Schülermitbestimmung in den Mittelpunkt gestellt wurde (Günther / Ott / Ritzel 1982, 1983). Ulrich Günther, Thomas Ott und Fred Ritzel (damals alle drei an der Universität Oldenburg tätig) berichteten über insgesamt 17 Unterrichtsprojekte, bei denen versucht wurde, das didaktische Modell des Hamburger Erziehungswissenschaftlers Wolfgang Schulz (Schulz 1981) in die Praxis umzusetzen und „Schüler stärker als bisher üblich in die Überlegungen des Lehrers zur Planung, Vorbereitung und Durchführung seines Unterrichts einzubeziehen“ (Günther / Ott / Ritzel, S. 9). In einer kurzen didaktischen Begründung erläutert Ott folgende Merkmale eines „schülerorientierten Unterrichts“:

Diese drei Ansätze argumentieren mit unterschiedlichen Leitbegriffen, entwerfen aber sehr ähnliche Vorstellungen von gutem Musikunterricht: Die Schüler*innen sollen handelnd lernen, Erfahrungen machen und nutzen und zu Subjekten ihrer Lernprozesse werden. Diese Gedanken waren damals nicht neu. Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit wurden schon früher propagiert: in der deutschen Reformpädagogik der 1920er Jahre (z. B. Georg Kerschensteiner), der nordamerikanischen Demokratiepädagogik um 1900 (z. B. John Dewey) und in der Aufklärungspädagogik Ende des 18. Jahrhunderts (z. B. Johann Heinrich Pestalozzi). Sie wurden aber im Zuge der westdeutschen Bildungsreform der 1970er Jahre wiederentdeckt und gehören heute zum Standardrepertoire von Lehrplänen, Schulbüchern und didaktischen Konzeptionen – auch des „Aufbauenden Musikunterrichts“.

Auch ich habe mir bei meiner Tätigkeit als Musiklehrer die Prinzipien dieser drei Ansätze – „learning by doing“, Anküpfen an Erfahrungen, Schülermitbestimmung – zu eigen gemacht, und meine musikdidaktischen Überlegungen haben hier ihren Ausgangspunkt. Doch die Orientierung am Leitbegriff der Tätigkeit führt zu einer differenzierteren und konkreteren Beschreibung der Aufgaben des Schulfachs Musik. In folgenden Punkten geht eine tätigkeitsorientierte Musikpädagogik über Handlungs-, Erfahrungs- und Schülerorientierung hinaus:

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3.4 Kunstwerk, Mündigkeit, Wahrnehmung

In den 1960er Jahren gab es in Westdeutschland drei gesellschaftliche Entwicklungen, auf die die Pädagogik reagieren musste. Die erste wurde 1957 durch den „Sputnik-Schock“ ausgelöst: Dass es der Sowjetunion ein Vierteljahr vor den USA gelang, einen künstlichen Erdsatelliten in den Weltraum zu schicken, wurde in Zeiten des Kalten Krieges als besorgniserregendes Symptom für die Schwäche der westlichen Wissenschaft empfunden. Man rief den „Bildungsnotstand“ aus und leitete eine Bildungsreform ein, bei der zwei Ziele im Vordergrund standen: „Chancengleichheit“ und „Wissenschaftsorientierung“. Zum einen sollte das „Humankapital“ besser genutzt werden, indem man auch Kindern ohne bildungsbürgerlichen Background den Zugang zu höherer Bildung eröffnete, zum anderen sollten Nachwuchswissenschaftler*innen dadurch herangezogen werden, dass man schon in der Schule wissenschaftliches Denken pflegte – auch im Musikunterricht.

Die zweite Zeiterscheinung war die zunehmende Bedeutung der Massenkommunikation. Radio, Fernsehen, Schallplatte, Musikkassette – die sogenannten „technischen Mittler” machten Musik überall verfügbar. Das beunruhigte naheliegenderweise besonders die Musikpädagog*innen. Sie nannten dieses Phänomen „Massenmusik”, warnten vor Folgen der „Musikberieselung“ und erklärten das „aktive Hören“ zum obersten Ziel des Musikunterrichts: Die Schüler*innen sollten lernen, Musikstücken konzentriert zuzuhören und sie zu verstehen.

Der dritte Impulsgeber für die westdeutsche Pädagogik war die Studentenbewegung, die 1968 ihren Höhepunkt erlebte. Im Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung und für Demokratie und Emanzipation spielten auch Formen antiautoritärer Erziehung eine große Rolle. Leitbild war der „mündige Bürger“, der sich nicht gängeln lässt, sondern kritisch urteilt und selbstbestimmt handelt. Den theoretischen Hintergrund lieferte die Kritische Theorie der Frankfurter Schule, wobei die Musikpädagog*innen sich vor allem an Theodor W. Adorno orientierten, denn der nahm gern zu Fragen der Musik und der musikalischen Bildung Stellung. Beispielsweise kritisierte er vehement das von der Jugendmusikbewegung gepflegte unreflektierte Singen und Musizieren („dass einer fiedelt soll wichtiger sein, als was er geigt“ – Adorno 1965, S. 69), weil es von den Nationalsozialisten zu Manipulation und Indoktrination missbraucht werden konnte.

Die Konsequenzen, die die Musikpädagogik aus diesen drei gesellschaftlichen Entwicklungen zog, waren alles andere als einheitlich. Während sich nur wenige Jahre später die Vertreter*innen der Handlungs-, Erfahrungs- und Schülerorientierung weitgehend einig in der Frage waren, was guten Musikunterricht ausmacht, stritt man um 1970 noch heftig um den richtigen Weg. Im Mittelpunkt der Diskussion standen drei miteinander konkurrierende Konzeptionen, die dem Ziel, Wissenschaftlichkeit, aktives Hören und Ideologiekritik zu fördern, auf ganz unterschiedliche Weise zustrebten: die „Kunstwerkorientierung“ (Alt 1968), die „Erziehung zum mündigen Hörer“ (Breckoff u. a. 1971) und die „Auditive Wahrnehmungserziehung“ (Frisius u. a. 1972).

Der erste Aufschlag kam von Michael Alt, der seit 1937 in der Musiklehrer*innenbildung tätig und seit 1959 Professor an der Pädagogischen Hochschule Dortmund war. In seiner 1968 veröffentlichten „Didaktik der Musik“ geht es vor allem um das Problem der „,ungewollten Nebenwirkungen‘ […] der mikrophonalen Musik“. Der Musikunterricht müsse dafür sorgen, dass die Schüler*innen sich die „Kulturtechnik bewußten und aktiven Hörens“ aneignen (Alt 1968, S. 15). Außerdem soll er ihnen helfen, „einen möglichst adäquaten Zugang zu musikalischen Kunstwerken aller Art zu finden“ (Alt 1968, S. 84). Der größte Teil des Buches ist daher der Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten Interpretationslehre gewidmet – der Frage, wie man Musik verstehen und wie man sie für Schüler*innen verständlich machen kann (Alt 1968, S. 68ff.). Dabei unterscheidet Alt in Anlehnung an die Schichtenlehre von Nikolai Hartmann „phänomenologische Methoden“, z. B. Strukturanalyse, „psychologische Methoden“, z. B. Hermeneutik, und „historische Methoden“, z. B. die biografische Methode (vgl. Alt 1968, S. 129ff.).

Der Untertitel des Buchs – „Orientierung am Kunstwerk“ – deutet schon darauf hin, dass sich der Musikunterricht vor allem mit der abendländischen Kunstmusik beschäftigen soll, und zwar mit exemplarischen Werken (vgl. Alt 1968, S. 204ff.). Damit knüpft Alt an die Arbeiten von Heinrich Kretzschmar und vor allem Leo Kestenberg an, die davon überzeugt waren, dass die Begegnung mit Kunst der Königsweg zur Bildung ist (davon wird im folgenden Abschnitt noch die Rede sein). Dagegen ist in seiner Konzeption „usuelles Singen […] nur noch als Nebenziel im Musikunterricht vertreten“ (Alt 1968, S. 46ff.) und soll vor allem in der Grundschule stattfinden. Damit folgt Alt der kritischen Haltung Adornos gegenüber dem „Musikantentum“ der Musischen Erziehung, wie Kestenberg sie konzipiert hatte.

Michael Alts Interpretationslehre wurde breit rezipiert, und es fanden sich bald Didaktiker, die in die gleiche Richtung dachten. Karl Heinrich Ehrenforth (Professor an der Musikhochschule Detmold) entwickelte eine an die Hermeneutik von Hans-Georg Gadamer anknüpfende musik-pädagogische Auslegungslehre, die für den Verstehensprozess die Metapher der „Horizont-verschmelzung“ fand (Ehrenforth 1971), und Christoph Richter baute darauf seine Theorie der „Didaktischen Interpretation“ auf, die diese Begegnung von Werk und Hörer*innen mit Hilfe von „Treffpunkten“ ermöglichen sollte, d. h. auf dem Weg über „lebensweltliche Erfahrungen“ wie „Spiel“, „Nacht“ oder „Liebe“ (Richter 1976, 1993).

Kunstwerkorientierung und Didaktische Interpretation geben dem verstehenden Hören von europäischer Kunstmusik den Vorrang vor allen anderen Lernfeldern und Lerninhalten. Wer den Musikunterricht so beschränkt, zeigt seinen Schüler*innen nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus dem Spektrum musikalischer Möglichkeiten. Aber natürlich macht ein tätigkeitsorientierter Musikunterricht auch mit artifizieller Musik bekannt, und hier ist Michael Alts differenzierte Aufschlüsselung verschiedener „Interpretationsmethoden“ durchaus hilfreich. Allerdings habe ich sie zugunsten besserer Handhabbarkeit zu fünf Aspekten zusammengefasst – zu den fünf „Hörwinkeln“ Struktur, Semantik, Wirkung, Funktion und Ästhetik (vgl. Jünger 2017). Auch Alts Überlegungen zum „exemplarischen Prinzip“ sind nach wie vor bedenkenswert. Anregend finde ich schließlich auch das von Richter entworfene Methodenkonzept der „Treffpunkte“ – wenn man Schüler*innen Zugang zu unbekannter Musik eröffnen will, dann kann man das auch auf dem Weg über allgemein menschliche Erfahrungen versuchen, auf die mit dem Titel, dem Programm oder dem gesungenen Text Bezug genommen wird.

Drei Jahre nach Alts „Didaktik der Musik“ zog ein siebenköpfiges Autorenteam (vorwiegend norddeutsche Professoren, darunter Helmut Segler, der zusammen mit Lars Ulrich Abraham für den ideologiekritischen Umgang mit Liederbüchern geworben hatte) völlig andere Konsequenzen aus den gesellschaftlichen Veränderungen in Westdeutschland. Sie veröffentlichten ein Schulbuch für den Musikunterricht, das gleichzeitig die Funktion eines Didaktikbuchs erfüllen sollte: „Musik aktuell. Informationen, Dokumente, Aufgabe. Ein Musikbuch für die Sekundar- und Studienstufe” (Breckoff u. a. 1971). Um ein demokratisches Miteinander von Lehrenden und Lernenden zu fördern, formulierten die Autoren ihre didaktischen Überlegungen nicht in einem gesonderten Lehrerband, sondern fügten sie an passender Stelle in den Schülerband ein.

Vordringlich war ihnen die Förderung einer kritischen Haltung gegenüber der Gesellschaft im Allgemeinen und der Kulturindustrie im Besonderen. Die Schüler*innen sollen „zu einem eigenen musikalischen Urteil und selbständigen musikalischen Entscheidungen“ befähigt und dadurch zu „mündigen Hörer*innen“ erzogen werden. Das soll durch „Erhellung des soziologisch-kulturell-ökonomische Hintergrundes“ von Musik geschehen (Breckoff u. a. 1971, S. 89). Musik wird nicht mehr als Gegenstand betrachtet, sondern als sozialer Prozess. Zu fragen ist nach der Funktion der Musik in diesem Prozess, nach den Absichten der Menschen, die Musik machen, und nach den Wirkungen, die Musik bei ihnen auslöst.

Es ging dem Autorenteam aber auch um die „Schärfung des akustischen Sensoriums“ und die „Einführung in die vielfältigen Erscheinungen einer weltweiten Musikkultur“ (Breckoff u. a. 1971, S. 89). Dabei folgt die Präsentation der exemplarischen Musikstücke und Musikpraxen dem „Prinzip der psychischen Nähe“: Man geht von Vertrautem aus – „Musik aus dem Lautsprecher“, „In der näheren Umgebung“ – und führt die Schüler*innen dann allmählich zu eher fremdartigen Phänomenen wie „Jazzkonzert“ und „Internationales Musikleben“ (hier wird auch „außereuropäische Musik“ thematisiert – damals ein Novum in der Musikpädagogik). Allerdings bleibt die Reihenfolge, in der die verschiedenen Materialien im Unterricht verwendet werden, den am Unterricht Beteiligten überlassen (Breckoff u. a. 1971, S. 9).

Anders als die Kunstwerkorientierung fand dieser musikdidaktische Ansatz keine direkten Nachfolger. Zwar legte das Autorenteam 1976 noch ein „Liedermagazin“ vor, das alles Singbare einer ideologiekritischen Prüfung unterzog (Breckoff u. a. 1975), doch die skeptische Infragestellung von allem, was bisher als schön und gut gegolten hatte, passte nicht zu der„geistig-moralischen Wende“, die die konservative Regierung der Bundesrepublik zu Beginn der 1980er Jahre ausrief. Allenfalls kann man in der Bedeutung, die spätere Konzeptionen (bis hin zum Aufbauenden Musikunterricht) der Perspektive der Schüler*innen zubilligen, eine Fortführung des „Prinzips der psychischen Nähe“ sehen, und der ideologiekritische Impetus von „Musik aktuell“ findet ein spätes Echo im Entwurf einer „kritischen Musikerziehung“, den Wolfgang Martin Stroh in den 1990er Jahren entwickelte (Stroh 2002). Außerdem hat es sich eingebürgert, dass Musiklehrbücher mehr oder weniger kritische Fragen zu Werbemusik, politischer Musik und der Musikindustrie stellen (vgl. Jünger 2016, S. 158ff.).

„Musik aktuell“ geht davon aus, dass Musik im Unterricht nicht produziert oder reproduziert, sondern rezipiert und reflektiert wird. Mit der Fokussierung auf die kognitive Auseinandersetzung mit der Funktion von Musik wird vieles ausgeblendet, was für einen tätigkeitsorientierten Musikunterricht unverzichtbar ist. Und doch war die „Erziehung zum mündigen Hörer“ ein höchst verdienstvoller Schritt auf dem Weg zur Überwindung der Vernunftfeindlichkeit der bis in die 1960er Jahre praktizierten Musischen Erziehung (auf ich die im folgenden Abschnitt eingehen werde). Die Fähigkeit zur kritischen Prüfung dessen, was wir singen, spielen oder hören, gehört für mich zu den „unverzichtbaren Kompetenzen“, deren Erwerb ein tätigkeitsorientierter Musikunterricht unterstützen sollte. Ebenso bahnbrechend war das Anliegen, mit der Vielfalt der Musik bekannt zu machen und neben Kunstmusik auch populäre Musikgenres, funktionale Musik und – wenn auch noch recht vorsichtig – nicht-westliche Musik zu thematisieren. Wenn es Aufgabe des Musikunterrichts ist, den musikalischen „Erfahrungshintergrund“ der Schüler*innen zu erweitern, dann muss im Prinzip jede Musik dieser Welt Unterrichtsgegenstand sein können.

Fast zeitgleich mit „Musik aktuell“ erschien ein weiteres Schulbuch, dessen Name zum Synonym für eine musikdidaktische Konzeption geworden ist: „Sequenzen Musik Sekundarstufe I“. Anders als bei „Musik aktuell“ werden die didaktischen Überlegungen in einem umfangreichen Lehrerband präsentiert (Frisius u. a. 1972). Das fünfköpfige Autorenteam (wieder überwiegend in Norddeutschland tätige Professoren, darunter auch Ulrich Günther, der ein Jahrzehnt später zusammen mit Thomas Ott und Fred Ritzel für mehr Schülermitbestimmung plädieren sollte) stellt wieder das aktive Hören in den Mittelpunkt. Wie bei Michael Alt sollen die Schüler*innen lernen, Musik zu verstehen, und wie bei „Musik aktuell“ sollen sie sich die Wirkungen von Musik bewusst machen. Neu ist aber, dass sie sich akustischen Phänomenen aller Art aufmerksam zuwenden und auditive Wahrnehmungen genießen sollen. Damit knüpfen die Autoren an Hartmut von Hentig an, der es zur Aufgabe der Schule erklärt, auf ein „Leben mit der Aisthesis“ vorzubereiten (vgl. von Hentig 1975).

Geübt werden soll die Wahrnehmungsfähigkeit durch die quasi wissenschaftliche Beschreibung von Gehörtem anhand von Parametern wie Tonhöhe, Tondauer, Lautstärke usw. Dabei werden nicht nur Musikbeispiele untersucht, sondern auch Alltags- und Naturgeräusche. Damit soll die Bereitschaft der Schüler*innen erhöht werden, sich auch ungewohnten Klängen zuzuwenden, wie sie in der Neuen Musik zu hören sind. Geübt werden soll aber auch das Gestalten von Hörbarem, und zwar vor allem in Form von Gruppenimprovisationen. Auf diese Weise findet das Musizieren, as als Reaktion auf Adornos Kritik am Musikantentum der Musischen Erziehung suspekt geworden war, eine neue Legitimation (vgl. Frisius u. a. 1972, S. 0.26ff.).

Das groß angelegte Curriculum-Projekt „Sequenzen“ wurde nach einem knappen Jahrzehnt eingestellt. Einen bescheideneren Nachfolger fand es in der Konzeption der „Polyästhetischen Erziehung“, die eine interdisziplinäre Autor*innen-Gruppe um Wolfgang Roscher (Musikpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Alfeld/Hildesheim) entwickelte (vgl. Roscher 1976). Hier geht es allerdings nicht nur um die auditive Wahrnehmung, sondern um „Mehrwahrnehmung“: Der Unterricht soll alle Sinne, alle Fächer und Wissenschaften, alle Epochen Kulturen und Genres miteinander verbinden. Die naheliegende Konsequenz – Musik, Bildende Kunst und Theater zu einem einzigen Schulfach „Ästhetik“ zusammenzufassen – wird immer wieder diskutiert (vgl. Jung 2021), von den Fachverbänden aber aus Sorge um Stundenkontingente und Ausbildungsqualität vehement zurückgewiesen (z. B. Deutscher Kulturrat 2015).

Die Auditive Wahrnehmungserziehung spannt den Bogen deutlich weiter als Kunstwerkorientierung und Erziehung zum mündigen Hörer: Nicht nur Musik, sondern alles Hörbare kann Gegenstand des Unterrichts werden; nicht nur das Hören und Verstehen, sondern auch das Gestalten soll geübt werden; und nicht nur der kognitive, sondern auch der affektive und der psychomotorische Bereich sollen angesprochen werden. Diese „Weitwinkelperspektive“ entspricht dem, was das O.K.-Modell als „Erweiterung des musikalischen Erfahrungshintergrundes“ anstrebt. Das gilt auch für die Forderung der Polyästhetischen Erziehung, interkulturell zu unterrichten und interdisziplinär zu arbeiten. Allerdings ist die konkrete Umsetzung dann doch noch auf Teilbereiche fokussiert – in den Schülerbänden von „Sequenzen“ auf Hören und Reflektieren, bei den Praxisbeispielen von Wolfgang Roscher auf Multimedia-Happenings. Von unterrichtspraktischem Wert ist die Parameteranalyse (vgl. Jünger 2017, S. 9).

Mit Kunstwerkorientierung, Erziehung zum mündigen Hörer und Auditiver Wahrnehmungserziehung warben Anfang der 1970er Jahre drei musikdidaktische Konzeptionen um Zustimmung, die sich nicht nur voneinander deutlich unterschieden, sondern auch gar nicht erst versuchten, den damals gültigen Richtlinien und Lehrplänen der Bundesländer zu entsprechen. Darin steckte der unausgesprochene Appell, sich eigene Gedanken über Ziele, Inhalte und Methoden des Schulfachs Musik zu machen. Dieser Einladung ist in den folgenden Jahren vielfach Folge geleistet worden (einige Beispiele habe ich in den vorangegangenen Abschnitten erwähnt), und auch ich selbst habe mich 30 Jahre später ermutigt gefühlt, meine didaktischen Vorstellungen auszuformulieren.

Dass Musikunterricht etwas ist, über das man unterschiedlicher Meinung sein darf, galt allerdings nur in Westdeutschland. In der DDR waren der Diskussion über musikdidaktische Fragen enge Grenzen gesetzt. Die Lehrkräfte hatten sich an die staatlichen Vorgaben zu halten, die bis ins Detail regelten, was und wie die Schüler*innen lernen sollten.

Auch die DDR erlebte in den 1960er Jahren Reformen und Umbrüche. 1963 wurde auf dem VI. Parteitag der SED ein „Neues Ökonomisches System“ beschlossen, das die Leistungskraft der sozialistischen Wirtschaft stärken sollte (vgl. Margedant 1995, S. 1496). Als flankierende Maßnahme verabschiedete die Volkskammer 1965 das „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“, in dem „die Bildung und Erziehung allseitig und harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten“ zum Leitziel erklärt wurde (vgl. Ministerrat der DDR 1965, §1,1). 1968/69 wurden die entsprechenden Lehrpläne erlassen (z. B. Ministerrat der DDR 1968) und die passenden Lehrbücher, Schallplatten und Unterrichtshilfen veröffentlicht (z. B. Dittrich/Hoffmann 1968, Deutsches Pädagogisches Zentralinstitut 1968, Dittrich u. a. 1969). Schließlich wurde auch eine ausführliche theoretische Begründung vorgelegt (Hoffmann 1976). Sie trägt bezeichnenderweise nicht den Titel „Didaktik“, sondern „Methodik Musikunterricht“, denn didaktische Entscheidungen im engeren Sinn betrachtete man nicht als Aufgabe der Lehrkräfte – die Auswahl von Zielen und Inhalten war ja durch die Lehrpläne, Lehrbücher und Unterrichtshilfen bereits bis hin zum Ablauf jeder einzelnen Unterrichtsstunde vorgegeben. An dieser straffen Führung änderte sich 20 Jahre lang fast nichts (vgl. Siedentop 2000, S. 196). Bis 1989 hatten die Musiklehrer*innen an den Polytechnischen Oberschulen der DDR lediglich auszuführen, was „Autorenkollektive“ im Auftrag der Partei ausgearbeitet hatten. Nach 1990 allerdings passten sich die „neuen Bundesländer“ sehr schnell den bundesrepublikanischen Vorbildern an, ersetzten die Einheitsschule durch ein gegliedertes Schulsystem und erließen Lehrpläne, die dem Mainstream westlicher Musikdidaktik entsprachen (vgl. Martens 2020).

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3.5 Musische Erziehung

Die Gründung der Weimarer Republik gab den um die Jahrhundertwende entstandenen, im Kaiserreich aber wenig erfolgreichen reformpädagogischen Bewegungen neuen Aufschwung. Allerdings hielt die Weimarer Verfassung (1919) weitgehend am alten Schulsystem fest, die koedukative weltliche Einheitsschule ließ sich nicht durchsetzen. Neue Konzepte konnten daher in der Regel nur an Versuchsschulen verwirklicht werden (vgl. Benner / Kemper 2003, S. 17f.). Eine der wenigen Ausnahmen war die sogenannte „Kestenberg-Reform“. In den 1920er Jahren gelang es dem Kulturpolitiker Leo Kestenberg, an den staatlichen Schulen in Preußen ein zentrales Anliegen der Kunsterziehungsbewegung zu realisieren: die Aufwertung des Schulfachs „Gesang“ zum „Musikunterricht“, wie wir ihn heute kennen. Hatte man sich bis dahin an deutschen Lehranstalten darauf beschränkt, den Schüler*innen christliche und vaterländische Lieder beizubringen, so sollte man die Jugend nun an die großen Meisterwerke der abendländischen Musik heranführen (in der Regel von der Lehrkraft auf dem Klavier präsentiert) – die Auseinandersetzung mit Kunstmusik wurde als Königsweg zur Bildung betrachtet (vgl. Kestenberg 1921, S. 24).

Kestenberg ließ sich aber auch von einer zweiten reformpädagogischen Strömung beeinflussen, die ganz andere Ziele verfolgte. Die Jugendmusikbewegung stellte dem anspruchsvollen Künstlertum ein unbefangenes Musikantentum gegenüber – nicht nur die Profis, sondern alle Menschen sollten singen, tanzen, spielen (sich „musisch“ betätigen – daher die Bezeichnung „Musische Erziehung“). Das fand Kestenbergs Zustimmung, und deshalb gab er dem Musikunterricht noch einen zweiten Auftrag: Er sollte nicht nur zur Kunstmusik hinführen, sondern auch das Laienmusizieren fördern (vgl. Kestenberg 1921, S. 30). Allerdings beließ Kestenberg es bei der traditionellen Arbeitsteilung zwischen allgemeinbildender Schule und Musikschule: Während das Hören von Kunstmusik und das umgangsmäßige Singen und Musizieren allen zugutekommen sollte, waren Instrumental- und Gesangsunterricht denen vorbehalten, die ihre Begabung in einer Prüfung nachweisen konnten (vgl. Kestenberg 1921, S. 58).

Der Kunsterziehungsbewegung ging es ursprünglich um die Bildende Kunst – prominentester Vertreter war Alfred Lichtwark, der Direktor der Hamburger Kunsthalle (vgl. Lichtwark 1902, S. 33ff.). Doch schon der Musikwissenschaftler Hermann Kretzschmar machte sich auch für eine inhaltliche Ausweitung des Gesangunterrichts stark (vgl. Kretzschmar 1903, S. 416) und erreichte, dass Musiklehrer*innen ein wissenschaftliches Studium nachweisen mussten, zu dem ein Semester Musikgeschichte gehörte (vgl. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten 1910, S. 583).

Die Jugendmusikbewegung war dagegen eher wissenschaftsfeindlich. Sie hatte ihre Wurzeln in der Wandervogelbewegung, die nach dem „Echten“ und „Natürlichen“ suchte und dabei Volkslieder und Volkstänze wiederentdeckt hatte – gemeinsames Singen und Tanzen sollte das Gemeinschaftsgefühl stärken (vgl. Breuer 1909). Jugendbewegte Lehrer wie Fritz Jöde bezogen den Gedanken der Förderung der Kreativität mit ein (vgl. Jöde 1928), und der Komponist Carl Orff entwickelte niedrigschwellige Musiziermöglichkeiten mit einfach zu beherrschendem Instrumentarium: Blockflöte mit „deutscher“ Griffweise, Stabspiele und Gamben (vgl. Orff 1932ff.).

Leo Kestenberg (1882-1962) versuchte die Gedanken der Kunsterziehungsbewegung und die Vorstellungen der Jugendmusikbewegung miteinander zu verbinden – nach seiner Vorstellung sollten die Schüler*innen in der allgemeinbildenden Schule sowohl Bach und Beethoven hören als auch deutsche Volkslieder singen. Er beließ es aber nicht bei didaktischen Überlegungen, sondern sorgte auch für ihre Realisierung. Nachdem er – erfolgreicher Konzertpianist und engagierter Sozialdemokrat – unmittelbar nach Gründung der Weimarer Republik als Referent für musikalische Angelegenheiten ins Preußische Kultusministerium berufen worden war, begann er sofort mit der Neugestaltung des Musikwesens im Freistaat Preußen, dem mit Abstand größten und einflussreichsten Land des Deutschen Reichs. Zunächst entwarf er einen Gesamtplan für die musikalische Bildung und die Organisation des Musiklebens („Musikerziehung und Musikpflege“, Kestenberg 1921), dann gründete er – unterstützt von dem preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker – eine Akademie für Kirchen- und Schulmusik, führte eine Prüfung für das künstlerische Lehramt ein (Kestenberg 1925) und erließ Richtlinien für das Schulfach Musik (Kestenberg 1927). Organisatorisch unterschied Kestenberg zwischen „Schulmusik“ und „Musikschule“, also zwischen allgemeinbildenden Angeboten (Kindergarten, Volksschule, höhere Lehranstalt, Volkshochschule) und Angeboten für besonders Begabte (Privatunterricht, Volksmusikschule, Musikgymnasium, Musikhochschule). Diesen Einrichtungen der „Musikalischen Erziehung“ stellte er die „Musikpflege“ gegenüber, die Regulierung und Förderung aller übrigen Bereiche des Musiklebens (Opern, Orchester, Gesangvereine, Volksmusikbüchereien usw.).

Bis zu den 1960er Jahren arbeiteten Musiklehrer*innen an deutschen Schulen mehr oder weniger im Sinne der Musischen Erziehung – allerdings mit deutlichen Korrekturen nach 1933 und dann wieder nach 1945: Im NS-Staat wurde Musik zum „deutschkundlichen Fach“. Die Schüler*innen sollten jetzt vor allem deutsche Musik kennen und schätzen lernen – ausgenommen Komponisten jüdischer Herkunft wie Felix Mendelssohn-Bartholdy und „entartete“ Musik wie z. B. Zwölftonmusik oder Jazz (vgl. Moser 1973). Vor allem aber sollten sie durch entsprechende Lieder zum „nationalsozialistischen Menschen“ erzogen werden (vgl. Reichs- und Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 1938, S. 14) – die gemeinschaftsbildende Kraft des Singens sollte die Identifikation mit der „Volksgemeinschaft“ fördern. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Beschränkung auf „deutsche“ Musik wieder aufgehoben. Zudem musste man darauf reagieren, dass die Nationalsozialisten das Singen als Mittel weltanschaulicher Indoktrination benutzt hatten. Dafür fand man in Ost- und in Westdeutschland unterschiedliche Antworten: In der DDR ersetzte man die nationalsozialistischen Lieder durch solche, die für den Sozialismus warben (vgl. Siegmund-Schultze 1969, S. 115). In der BRD dagegen versuchte man jeden Anschein von politischer Einflussnahme zu vermeiden und ersetzte deshalb den Ausdruck „Musische Erziehung“ durch „Musische Bildung“ – die Schüler*in sollten nicht Objekt von Erziehung, sondern Subjekt des eigenen Bildungsprozesses sein (vgl. z. B. Messerschmid / Haag / Bartning 1954).

Kestenberg hat sich unschätzbare Verdienste um die Musikpädagogik erworben. Dabei scheinen mir drei Aspekte für unsere heutige Situation besonders bedenkenswert zu sein. Der erste ist Kestenbergs Anspruch, eine Gesamtkonzeption musikalischer Bildung vorzulegen, die alles berücksichtigt und aufeinander abstimmt: die verschiedenen Anbieter (von der Schule bis zum Gesangverein), die verschiedenen Altersstufen (vom Kleinkind bis zum Erwachsenen) und alle damals relevanten musikpädagogischen Strömungen (vor allem Kunsterziehungsbewegung und Jugendmusikbewegung). Ein solcher Versuch ist bislang nie wiederholt worden. Wie alle musikdidaktischen Konzeptionen seither beschränkt sich auch das O.K.-Modell auf den Musikunterricht der allgemeinbildenden Schule. Immerhin lenkt es den Blick auf das Verhältnis zwischen schulischem Lernen und außerschulisch ausgeübten Tätigkeiten und erörtert die Arbeitsteilung zwischen der Schule und den anderen Bildungsanbietern (vgl. Jünger 2015).

Der zweite Aspekt ist die bewundernswerte Konsequenz, mit der Kestenberg als Kulturpolitiker die Realisierung seiner Konzeption durchgesetzt hat. Er sah und nutzte die Chance, die sich durch die Reformbereitschaft der neu gegründeten Weimarer Republik und vor allem der SPD-geführten Koalitionsregierung des Freistaates Preußen bot. Derart umfassende und tiefgreifende Veränderungen des Bildungswesens sind heute kaum noch vorstellbar. Wo sechzehn Bundesländer an ihren schulpolitischen Traditionen festhalten, sind Reformen auf staatlicher Ebene schwierig. Erfolgversprechender scheint es mir, sich auf der Ebene der Praktiker*innen um Innovationen zu bemühen. Da das Fach Musik nicht gerade im Zentrum der Aufmerksamkeit der staatlichen Schulaufsicht steht, ist es vergleichsweise einfach, vor Ort – in den Schulen, im Unterricht – Neues auszuprobieren.

Am wichtigsten ist mir aber der dritte Aspekt: das Motiv, das Kestenberg zu seiner Reformarbeit bewegt hat. Ihm ging es um „Volksbildung“ – um das, was wir heute „Bildungsgerechtigkeit“ nennen. Sein Ziel war es, allen Menschen gleich welcher Herkunft Zugang zu musikalischer Bildung zu verschaffen und so „die Gesamtheit des Volkes zu gemeinschaftlicher Teilnahme“ am Musikleben heranzuführen (Kestenberg 1921, S. 141). Und er wusste, dass dafür mehr getan werden muss als schulischen Musikunterricht einzuführen und „Volksmusikschulen“ zu gründen – in seinem Text ist immer wieder von der „wirtschaftlichen Lage der Eltern“ (S. 45), von „Freistellen für wenig Bemittelte“ (S. 57), von den „kostspieligen Abonnementskonzerten“ (S. 99) usw. die Rede. Es sieht nicht so aus, als seien wir Kestenbergs Ziel schon sehr nahegekommen, wenn der Erziehungswissenschaftler Aladin El-Mafaalani noch ein Jahrhundert später schreiben muss: „Die Möglichkeit, ein Musikinstrument zu beherrschen, sollte allen Kindern ermöglicht werden, denn kaum etwas ist derart ungleich verteilt wie Musikunterricht“ (El-Mafaalani 2021, S. 225).

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Nachwort: Worum es eigentlich geht...

Jeden Morgen um halb acht verlässt Oberstudienrat Pflaumer das Haus, um zur Schule zu gehen. Um dieselbe Zeit macht sich auch einer seiner Fünftklässler auf den Weg. Und da beide in derselben Straße wohnen und beide zu Fuß unterwegs sind, geschieht es nicht selten, dass sie nebeneinander her wandern, der hochgewachsene Lehrer mit der Aktentasche und der kleine Junge mit dem Schulranzen. Herr Pflaumer ist Musiklehrer, und so bleibt es nicht aus, dass er seinen Schüler eines Tages fragt, ob er denn nicht ein Musikinstrument erlernen wolle. Der Junge will, und zwar am liebsten Klavier. Aber die Eltern sind Kriegsflüchtlinge und können sich weder Instrument noch Unterricht leisten. Und dabei bleibt es erstmal.

Doch dann hat der Junge Glück. Im Haus der Jugend findet sich ein Klavier, auf dem er während der Mittagspause üben darf. Und Herr Pflaumer erklärt sich bereit, ihm kostenlosen Unterricht zu geben, wenn er als Gegenleistung ab und zu kleine Besorgungen erledigt. Und so lernt er, Klavier zu spielen, schafft die Aufnahmeprüfung zum Schulmusikstudium, legt Erstes und Zweites Staatsexamen ab und wird Musiklehrer.

Die Geschichte könnte jetzt damit enden, dass der junge Lehrer in die Fußstapfen des alten tritt und seinerseits einem Nachbarkind kostenlosen Klavierunterricht gibt. Doch das genügt ihm nicht. Er möchte dazu beitragen, dass alle Kinder unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten ihres Elternhauses Zugang zu musikalischer Bildung bekommen. Er bewirbt sich also an einer Gesamtschule und baut dort nach und nach ein niedrigschwelliges Musikangebot auf, das es den Schüler*innen ermöglicht, für wenig Geld ein Musikinstrument zu erlernen. Und als er schließlich an die Universität gerufen wird, wirbt er beim Musiklehrer*innen-Nachwuchs für Musik als Breitensport – jeder soll die Chance bekommen, sich musikalische Tätigkeiten seiner Wahl anzueignen.

Ich kenne diese Geschichte deshalb so genau, weil es meine eigene ist. Ich bin vielen Menschen dankbar, die mich auf meinem musikalischen und musikpädagogischen Werdegang unterstützt haben. Doch der erste in der langen Reihe derer, die mir uneigennützig geholfen haben und deren Unterstützung mich dazu motiviert hat, auch selbst anderen zu helfen, ist mein Musiklehrer Emil Pflaumer. Seine Ausbildung – vermutlich in den 1920er Jahren – dürfte sich bereits nach den Vorstellungen Leo Kestenbergs gerichtet haben. Jedenfalls entsprach sein Musikunterricht - wie in den 1960er Jahren noch üblich - den Prinzipien der Musischen Bildung (vgl. 3.5): Er machte uns mit europäischer Kunstmusik bekannt und brachte uns das Singen nach Tonika-Do-Handzeichen bei. Für mich entscheidend war aber, dass er sich auch Kestenbergs soziales Engagement zu eigen machte. Möge seine Menschenfreundlichkeit noch viele Nachahmer finden.

pflaumer

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Literatur

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Kritik des Musikanten. In: Dissonanzen. Musik in der verwalteten Welt. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 62-101.

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Zukunft des Musikunterrichts - Musikunterricht der Zukunft. In: Pilnitz, Karin / Schüssler, Berthold / Terhag, Jürgen (Hg.): Musik in den Medien – Medien in der Musik = Musikunterricht heute 4. Oldershausen: Lugert Verlag, S. 230-245. – https:// www.pedocs.de/ volltexte/2020/ 18574/pdf/Baehr_ et_al_2001_ Zukunft_des_ Musikunterrichts. pdf

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